Homuth, Paul, Das Abklingen der Farben

(Leipzig :  W. Engelmann,  1912.)

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I.  Längerdauernde Reize: Das »Abklingen der Farben«, Versuche usw.   217

Hauptversuchen mit farbigem Lichte und ebenso bei einem Teil
der Beobachtungen von Fechner und Helmholtz nach einer be¬
stimmten Regel: Die Abklingefarben wandern, indem sie bei den
Hauptfarben Station machen, in ganz regelmäßiger Weise und in
bestimmter Richtung auf dem Farbenkreise, imd zwar zu Beginn
des Sekundärstadiums vom Gelb weg, am Schluß wieder zum Gelb
hin, welche Farbe sie in meinen Versuchen auch stiets erreichen.
So erscheint z. B. nach blauer Reizimg das komplementäre Orange
am Anfange oft nur in Spuren und beeilt sich, zum Purpurviolett
zu gelangen, worauf es dann weiter beim Blau und endlich zuletzt
wieder beim Gelb angelangt.

Bei dieser Wanderung im Farbenkreise treffen die Sekundär¬
farben meist in der zweiten Phase beim Purpurviolett ein. Da
dieser Purpurton noch relativ lichtstark ist, wird man eine Be¬
einflussung der Nachbildfarbe durch ihn auch in allen jenen Fällen
erwarten können, wo eine deutliche Phasentrennung im Sekundär¬
stadium nicht hervortritt, so besonders nach schwächeren Reizen
und auf reagierenden Flächen. Und diese Erwartung findet ihre
volle Bestätigung. Schon seit langem hat die oft festgestellte In¬
kongruenz der Nachbildfarbe mit der Gegenfarbe zu mancherlei
psychologisch-optischen Untersuchungen und Diskussionen Anlaß
gegeben. A. Tschermakfaßt die tatsächliche Seite der beobachteten
Abweichungen in folgendem Satze zusammen (A. Tschermak:
»ÜberKontrast und Irradiation«; Ergebnisse der Physiologie, II, 2,
1903, S. 762): »Wir finden dabei die Regel, daß die Farbe des Simul¬
tankontrastes, noch mehr jene des Sukzessivkontrastes, . . . .,
im Sinne von Addition einer gewissen Quantität von Blaurot von
der Gegenfarbe abweicht.« Nun, diese »gewisse Quantität von
Blaurot« ist eben nichts weiter, als jenes von mir stets gesehene
Purpurviolett der zweiten Phase. Ich glaube, diese Deutung macht
jeden anderen Erklärungsversuch, wie z. B. die Annahme einer
»natürlichen chromatischen Adaptation des Hellauges für Blaurot«
(Hering; zitiert nach Tschermak a. a. 0., S. 764) überflüssig.

III. Abschnitt: Theorie.

Bevor ich die Hauptergebnisse meiner Beochtungen theoretisch
zu deuten versuche, möchte ich kurz auf die allerdings nur geringe
Ausbeute hinweisen, welche meine Versuche für die Theorie der Er¬
scheinungen des Simultankontrastes geben.

Sämtliche Bilder, die während und nach der Reizung durch
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