Haeckel, Ernst, Prinzipien der generellen Morphologie der Organismen

(Berlin :  G. Reimer,  1906.)

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226            Entwickelungsgeschichte der physiologischen Individuen.          XVII.

epimorphe, sondern als metamm-pihe Entwickelung zu betrachten sein,
und der Verlust der Keimblätter als Akt der Verwandlung. Die
Keimpflanze, d. h. die dem Samen entkeimte, aus den Eihüllen her¬
vorgebrochene junge Pflanze, wäre dann als „Larve" zu betrachten,
so lange sie noch die Cotyledonen („Larvenorgane") besitzt.

Man pflegt den Entwickelungsmodus der epimorphen Hypogenese,
wie er den meisten höheren Tieren und Pflanzen zukommt, gewöhn¬
lich als einen „sehr einfachen" zu bezeichnen, gegenüber der meta¬
morphen Hypogenese und der Metagenese. Indessen übersieht man
dabei, daß die Entwickelungsvorgänge, welche hier innerhalb des Eies
verborgen verlaufen, viel komplizierter und aus größeren Reihen
differenter Zeugungsakte zusammengesetzt sind, als bei denjenigen an¬
scheinend äußerlich mehr zusammengesetzten Entwickelungsreihen,
welche beim Generationswechsel etc. auftreten. Wahrscheinlich sind
auch die scheinbar einfachsten Formen der epimorphen Hypogenese
■durch paläontologische „Abkürzung der Entwickelung" sekundär aus
viel verwickeiteren Generationsreihen von metagenetischer Form her¬
vorgegangen, in ähnlicher Weise, wie es die sogleich zu besprechende
Strophogenese ahnen läßt.
 

IX.   Metagenesis und Strophogenesis.

(Generationswechsel und Generationsfolge.)

Die Charakteristik des echten Generationswechsels oder der Meta¬
genesis, welche wir oben festzustellen versuchten, hob als das wesent¬
lichste Moment dieses Entwickelungsmodus die Zusammensetzung des
Zengungskreises aus zwei oder mehreren sukzessiven Bionten hervor,
welche teils auf geschlechtlichem, teils auf ungeschlechtlichem Wege
entstehen. Es wird also hier die Spezies durch zwei oder mehr ver¬
schiedene, teils sexuelle, teils esexuelle Bionten oder physiologische
Individuen vertreten, von denen die ersteren die unmittelbaren Er¬
zeugnisse der letzteren sind.

Wie schon dort hervorgehoben wurde, hat man neuerdings den
Begriff des Generationswechsels viel weiter ausgedehnt, indem man
auch ähnliche Entwickelungsreihen von höheren Organismen und ins¬
besondere von den Phanerogamen hereinzog. Allerdings ist der Zeugungs¬
kreis, welchen die Stöcke der Phanerogamen durchlaufen, in mancher
Hinsicht der echten Metagenesis sehr ähnhch, aber dennoch unserer
Ansicht nach in anderer Beziehung wesentlich verschieden, und gerade
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