Brunn, Enrico, Denkmäler griechischer und römischer Sculptur

(München :  F. Bruckmann,  1888-1947.)

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504-
 

564. Basis aus Epidauros.

Athen, Nationalmuseum.
 

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Museums-Nr. 1425. Defrasse et Lechat, Epi-
daure, p. 86 ff., mit Abbildung. 'Ecpriju. dpx. 1895,
Tafel 8, p. 179 ff. (Kavvadias). Furtwängler,
Statuenkopieen I, p. 538.

Gefunden ungefähr 50 m entfernt von der
Ostseite des Asklepiostempels in Epidauros.^
Der Marmor ist anscheinend pentelischer. Höhe
0,615 m; grösste Breite oben 1,085 m, unten
0,965 m; Tiefe oben bis zur Vorderkante 0,285 m;
Tiefe des vorderen Reliefs 0,08-0,09 m, des
Reliefs der r. Seite 0,035 m.
 

D (jetzt Rückseite, ehemals Anschlussfläche)
 

A

(Nike)
 

(Nike — Stehende Frau — Asklepios)

Figur 1. . Oberansicht des Reliefblocks.

Wie sich aus einem in der Mitte der Oberseite
des Reliefs angebrachten Klammerloche ergiebt,
stiess ein zweiter Block an den erhaltenen an
(s. Figur 1). Da nun die jetzige Nebenseite C, mit
der archaistischen Figur, in sehr viel flacherem
Relief gearbeitet ist, als die beiden andern er¬
haltenen, so vermuten Kavvadias und Bulle,
nach Analogie römischer Sarkophage, dass sie
ursprünglich einen Teil der Rückseite gebildet
habe, dass also B die rechte Nebenseite des
Reliefs gewesen sei, A ein Teil der Vorderseite.
Das Ganze aber sei anscheinend eine Basis ge¬
wesen, die aus zwei oder mehreren Blöcken be¬
stand (s. Figur 2). Aus der Anwesenheit der
Nike, meint Kavvadias, dürfe man schliessen,
dass es die Basis einer Siegerstatue gewesen
sei, deren Aufstellung in Epidauros, Stätte musi¬
scher wie athletischer Agone, nichts Auffälliges
habe.

Die stark zerstörte Figur einer über Eck ge¬
stellten, lebhaft bewegten Nike verbindet die
Seiten A und B. Den rechten Abschluss von
jB bildet die nach links hin thronende feierliche
Gestalt eines unterwärts bekleideten Gottes,
dessen Gesichtszüge leider zerstört sind.   Seine
 

Linke ruht auf der Lehne des Thrones, die in
Kopfhöhe erhobene Rechte hielt offenbar ein
durch Farbe angegebenes Scepter. Nach der
Wendung des Oberkörpers zu schliessen, war
sein Gesicht dem Beschauer zugewandt. Der
Fundort Epidauros und die Ähnlichkeit mit dem
Cultbild des Thrasymedes^) und den andern
Monumenten, die auf dieses zurückgehen3),
machen es trotz des Fehlens der heiligen
Schlange wahrscheinlich, dass Asklepios gemeint
ist. In der vollbekleideten, verschleierten Frau,
die in Vorderansicht zwischen Nike
und dem sitzenden Gotte steht, würden
wir dann wohl Hygieia zu erkennen
haben. Aber auch hier lässt das Fehlen
des Kopfes und von Attributen eine
zweifellos sichere Deutung nicht zu.
Die archaisierende Figur auf Seite C hält
ein kleines Gefäss, eine Lekythos oder
Oinochoe, in der erhobenen Rechten.
Lechat erkennt in ihr Epione, die Ge¬
mahlin des Asklepios; richtiger ist es wohl, in Hin¬
blick auf den tektonisch-decorativen Charakter
der Figur und die Unvollständigkeit des Reliefs,
über dessen Gesammtdarstellung wir auf Ver¬
mutungen angewiesen sind, auf eine Namen-
gebung zu verzichten.

Rückseite   C
 

D

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^) Die folgenden thatsächlichen Angaben nach Kavva¬
dias a, a. O. und nach frdl. Mitteilungen von H. Bulle.
 

Vorderseite                           A

Figur 2.

Das Hauptinteresse des Reliefs beruht aber
nicht im Gegenständlichen, sondern in der stili¬
stischen Auffälligkeit des unvermittelten Auf¬
tretens einer rein archaistischen Figur neben
solchen  des freien Stiles aus der ersten Hälfte
 

2)   Imhoof-Blumer und  Percy  Gardner,   a   numis-
matic commentary on Pausanias, L, III—V.

3)   Collignon,   histoire   de   la  sculpture grecque II,
p. 186.
 

Denkmäler griech. u. röm. Sculptur
Taf. 564.
 

Verlagsanstalt F. Bruckmann A.
München 1903,
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