Lichtenberg Friedrichsfelde: Begegnungen mit Geschichte
Eine Stadtteilerkundung

Fotos und Text von RAKorb 2005

Friedrichsfelde liegt im Stadtbezirk Lichtenberg, ziemlich "jvd", wie die Berliner sagen. Und was der normale Touristenweg durch die Hauptstadt angeht, ist Friedrichsfelde wahrscheinlich nicht mal auf dem im Reiseführer stehenden Stadtplan von Berlin.  Nun wollen wir aber keine normalen Touristen sein und daher geht der Weg heute nach Friedrichsfelde, wo wir die Umgebung des 1955 gegründeten Tierparks und des 1682 erbauten Friedrichfelder Schlosses besichtigen werden.  Es wird eine Begegnung mit der Geschichte sein, als wir das alte Friedrichsfelde aufsuchen und den Zentral Friedhof Friedrichsfelde und dessen Umgebung besuchen.

Wir fahren mit der U-Bahn-Linie 5 von Alexanderplatz in Richtung Hönow und steigen am U-Bahnhof Tierpark aus.  An dem Tierpark-Mosaiken von Dagmar Glaser-Lauermann biegen wir nach rechts und folgen den Schildern für "Am Tierpark / Tierpark".

Dagmar Glaser-Lauermann (1975)

Oben als wir den Tageslicht erblicken, sehen wir zugleich einen echten Berliner Bären.

Echter Berliner Bär

Symbolischer Berliner Bär

Im ehesten Sinne des Wortes sind die Bären des Berliner Tierparks draußen auf der Straße "Am Tierpark".  Jeder, der hier aus der U-Bahn, aussteigt oder vorbei läuft, bzw. mit dem Auto oder der Straßenbahn die verkehrsvolle Straße entlang fährt, kommt in nächste Nähe dieser Berliner Bären, was auch dem Konzept des Zoos weitgehend entspricht.

Der Lichtenberger Tierpark ist ein so genannter "Landschaftszoo", wobei die Veranstalter so weit möglich auf Gitter und Käfige verzichteten.  Besucher, die sich auf den 23-Kilometer ausgedehnten Wegen begeben, empfinden eine echte Nähe zu der Menagerie von rund 900 Tierarten in 8300 Examplaren, die seit 1955 hier auf dem Gelände des ehemaligen Parks vom Schloss Friedrichfelde zuhause sind.

Schloss Friedrichsfelde
Mehr zum Schloss Freidrichsfelde

Das Schloss selbst wurde am Ende des 17. Jahrhunderts von Benjamin Raulé im holländischen Stil erbaut und dann über den Jahren zu einer richtigen Residenz ausgebaut.  Sowohl Napoleon als auch der russische Zar und auch König Friedrich August verbrachten im Schloss Zeit. Nach 1945 weitgehend vernachlässigt, sollte das Schloss 1968 abgerissen werden. Dank dem damaligen Direktor des Tierparks, Professor Heinrich Dathe, wurde das Schloss unter Denkschütz gestellt und nach langer Restaurierung 1981 dem Publikum geöffnet. Der großzügige Schlosspark wurde schon im Jahre 1955 zum Gelände des Tierparks.  Die heutige Anlage entspricht wesentlich noch den Entwürfen von Peter Joseph Lenné, der den Park 1821 gestaltet hatte.  Der Eingang zum Schloss, der der "offizielle" Haupteingang zum Tierpark ist, wird übrigens von keinen Bären, sondern von einer Raubkatze aus Messing behütet.

Haupteingang zum Schloss Friedrichsfelde und Tierpark-Berlin

Von dem Tierpark steigen wir auf der gleichen Straßenseite in die Straßenbahn-Linie M17 (Richtung Falkenberg) und fahren bis zur Haltestelle "Alt Friedrichsfelde / Rhinstraße", wo man auf der anderen Seite der großen Kreuzung ein mehrstöckiges Haus, das mit dem Lichtenberger Wappen angemalt ist.

Ecke Alt-Friedrichsfelde / Rhinstraße

Gleich hinter diesem stolzen Zeichen vom alten Friedrichsfelde sieht man einige der dem Bezirk kennzeichnenden Plattenbauten, die in sich hier in alle Himmelsrichtungen ziemlich endlos ausbreiten. Plattbauten sind meist größere Wohnbauten, Bürohochhäuser, Industriebauten oder andere Großbauten und werden aus vor Ort oder werkseitig gegossenen Betonplatten und aus vorproduzierten Fertigteilen wie Glasfronten, Fassadenplatten und Betonfertigteilen aufgebaut. Nach der Losung: "Besser, schneller und billiger bauen" hat die DDR nach 1972 bis auf 70 Prozent aller Neubauwohnungen in diesem industriellen Stil errichtet.

Um etwas Weg von dem regen Straßenverkehr zum Stadtteil "Alt-Friedrichsfelde" hinzukommen, müssen wir erstmals die große Kreuzung überqueren und dann eine kleine Treppe hinuntersteigen, wo das Schild "Am Tierpark / Alt-Friedrichsfelde" steht. Hier befinden sich die Parkpätze für die Wohnhäuser, wo eine Geschwindigkeitsbegreunzung von 15 k/s gilt. Hier können wir relativ ruhig laufen: links in Richtung Tierpark zurück, immer schön die Plattenbauten entlang.

Die Plattenbauten haben den größten Teil von dem Stadtteil Alt-Friedrichsfelde ersetz.  Zwischen 1979 und 1984 wurden die Altbauten an der Straße Alt-Friedrichsfelde saniert und gegenüber große Plattenbauten errichtet. Drei Wahrzeichen ragen noch heute hervor:  Die Evangelische Kirche, zwei  ihr gegenüberstehende Häuser und ein Denkmal in einem kleinen Park vor der Kirche

Alt-Friedrichsfelde

Die Denktafel im Schatten des Plattenbaus ist eine Mischung von Ehrung der Verstorbenen und Mahnung an deren Nachfolger:  "Friderichsfelde seinen in den Jahren 1866, 1870 und 1871 gefallenen Söhnen", heißt die Widmung und setzt sich dann fort:  "den Gefallenen zum Gedächtnis,  den Lebenden zur Anerkennung, den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung", wobei es sich fragen lässt, wohin wir als künftige Geschlechter nacheifern sollen.  Die ziemlich endlos vor sich hinziehende Kolonie von künftigen Geschlechtern, die wir hinter dem Denkmal sehen, ist die Alfred-Kowalki-Straße Nummer 5 bis 10.

Mit der U-Bahn-Linie 5 fahren wir zurück in Richtung Alexanderplatz zwei Stationen bis zum U- und S-Bahnhof Lichtenberg.  Hier wollen wir auf den Zentral Friedhof Friedrichsfelde mit seiner Gedenkstätte der Sozialisten. 

Aus dem U-Bahnhof rechts auf die Frankfurter Allee hinauskommend, gehen wir dann links an dem Güterbahnhofzaun in die Gudrunstraße.  Es ist ein angenehmer Spaziergang von etwa 10 Minuten und in Gesellschaft hauptsächlich von Hundeherrchen und -frauchen bzw. alten Damen, die auch auf den Weg zum Friedhof hin sind. Es gibt übrigens auch einen Bus mit der Nummer 193, der nur zwischen dem U- und S-Bahnhof Lichtenberg und dem Zentral Friedhof verkehrt, der fährt aber nur nicht am Wochenende.

Auf dem Friedhof folgen wir den Schildern zur "Gedenkstätte der Sozialisten". Das originelle Revolutionsdenkmal wurde von Mies van der Rohe entworfen, 1926 eingeweiht und 1935 von den Nationalsozialisten abgerissen. Seit `951 findet im Eingangsbereich des Friedhofs ein Ehrenplatz mit Grab- und Gedenksteine für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und andere Helden der Geschichte des Sozialismus in Deutschland.

Mehr zur Denkstätte der Sozialisten

Der Friedhof ist sehr gut ausgeschildert, so dass man ohne weiteres zu Ehrengräbern wie der Sozialisten Gedenkstätte, dem Denkmal für die Opfer der Nationalsozialisten oder Gräber von berühmten Künstlern. Das Grabmal von Käthe Kollwitz ist einGrabstin mit einer von der Künstlerin 1936 geschaffenen Bronzeplatte. Neben bekannten politischen Persönlichkeiten wurden auf dem Friedhof viele Arbeiter, Besitz- und Obdachlose beerdigt.

Mehr zu Käthe Kollwitz

Wenn wir montags bis freitags den Friedhof verlassen, so können wir an der Bushaltestelle vor dem Blumenladen in der Rüdigerstraße in den 183er Bus einsteigen und zurück zum U-Bahnhof fahren.  Interessanter ist aber ein weiterer Spaziergang die Rüdigerstraße entlang, wo wir gute Beispiele von frisch sanierten, ehemaligen DDR-Bauten sehen, die jetzt unter der Leitung von "Vorwärts eG." stehen. Diese Wohnungsbaugenossenschaft wurde 1954 in Lichtenberg gegründet und verfügt heute über etwa 4.900 Wohnungen (unter anderen auch die im so genannten "Rüdigerviertel") und zählt um die 7.500 Mitglieder.


Homepage von Vorwärts eG.

Eigentum von "Vorwärts eG. "

Straßenlampen aus DDR-Zeiten

Das noch nicht sanierte, mit Graffiti voll besprühtem Haus, das sich die Rüdigerstraße zwischen Dietlindestraße und Hagenstraße ist die Max-Taut-Schule Filiale für Berufsvorbereitung. Sie steht unter Senatverwaltung für Bildung, Jugend und Sport und und haben als ihr Ziel, "junge Menschen in die Lage zu versetzen, sich in einer sich ständig entwickelnden Wissens-, Informations- und Dienstleistungsgesellschaft zu integrieren und zu behaupten".

Max-Taut-Schule-Filiale in der Rüdigerstraße
Max-Taut-Schule Homepage

Mit einem kurzen Spaziergang über die geschützte Grünanlage verabschieden wir uns vom Alten Friedrichsfelde und fahren mit dem Bus vom Freiaplatz bis zum U-5-Bahnhof Magdalenenstraße, wo wir entdecken, dass wir auch unten in den U-Bahnhöfen von Berlin von Geschichte umgeben sind.  An den Wänden der U-Bahn-Tunnel sehen wir "Geschichte in 20 Bildern".

Reichstagbrand
Bücherbrennung
Oktober Revolution

Es ist eine Begegnung mit der neuesten Geschichte in 20 Bildern, die schon 1986 von der Ost-Berliner Magistrat gefördert und damals an den Wänden des Magdalenenstraße U-Bahnhofs eingeweiht und seit Sommer 2004 von der BVG völlig saniert wurden. Wolfgang Frankenstein und Hartmut Hornigs in Porzellanfarben auf Spaltklinkern gemaltes Werk "Geschichte in 20 Bildern" repräsentiert: (in Fahrtrichtung Hönow) die Weber, Mai 1848, Bergarbeit, Hegel vom Kopf auf die Füße gestellt, Mechanisierung, Pariser Kommune, Kriegsausbruch 1914, Erster Weltkrieg, Oktober Revolution,  und November 1918; sowie (in Fahrtrichtung Alexanderplatz) Fabrikarbeit, Streik, Reichstagbrand, Bücherverbrennung,  Buchenwald, Zweiter Weltkrieg, Berlin 1945, Aufbau, Gegen den Atomtod, und Frieden Demonstration. 

Bitte,  alle einsteigen! Eine Fahrt nach Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg lohnt sich.