Der Unvollendete[1]
Der Leipziger Platz ist von Brachen umrahmt -
und wird es lange bleiben

von Ulrich Paul

Hoch stehen die Gräser hinterm Absperrzaun, alte Dosen und Zeitungen liegen dort - und dabei ist das eigentlich eine der feinsten Adressen Berlins - der Leipziger Platz. Wo einst das Kaufhaus Wertheim stand, ist noch immer eine Brache. Zwischen Leipziger Platz und den Ministergärten liegen mehr als sechs Flächen unbebaut da. Und das Schlimmste ist: daran wird sich in den nächsten Jahren nichts ändern. Auch wenn eine große Plane an einem Baugerüst Passanten suggeriert, hier werde gebaut, wie auf dem Grundstück des Automobilclubs von Deutschland, ist das nicht so. Der Club baut erst, wenn er Mieter hat. Aber diese sind derzeit Mangelware. Denn auch in den fertig gestellten Häusern am Leipziger Platz sind noch Büroflächen zu haben. Die fehlende Nachfrage auf dem Immobilienmarkt ist ein Grund für die leeren Brachen vor allem an der Nordseite des Platzes, ein anderer sind ungeklärte Eigentumsverhältnisse.

Eigentlich wollten die bundeseigene TLG Immobilien, die Firma Bauwert und die ECE das Wertheim-Grundstück zusammen bebauen. Ende 2005 sollte das Haus fertig sein. Seit aber der Bund die Ansprüche der Familie Wertheim auf ihre Grundstücke anerkannt hat, ist die Planung obsolet. Denn der Bund wollte in dem Konsortium die Grundstücke einbringen. Das ist nun nicht mehr möglich.

Zurzeit klagt der Karstadt-Konzern gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts, wonach der Familie die Rechte zugesprochen wurden. Aussicht auf Erfolg dürfte Karstadt nach Einschätzung von Prozessbeobachtern kaum haben. Der Anwalt der Wertheim-Erben, Matthias Druba, rechnet fest mit einem Urteil zu Gunsten seiner Mandanten. "Wir führen schon jetzt Gespräche, damit wir zum Tag X im nächsten Jahr sofort loslegen und verkaufen können", sagt Druba. Aber selbst wenn es schnell geht, wird dort vor 2010/2011 kein Haus stehen, meint der Investorenbetreuer der Senatsbauverwaltung Gerhard Stanierowski.

Weitere brachliegende Wertheim-Grundstücke befinden sich an der nördlichen Seite der Voßstraße, wo einst die Neue Reichskanzlei stand, und an der Ebertstraße. Das leere Eckgrundstück Voß-/Ebertstraße hat der Bund an die Viterra verkauft. Aber was diese plant, wollte das Unternehmen nicht sagen. Eine Firmensprecherin teilte lediglich mit, man befinde sich in Gesprächen

Viel mehr will die Hessische Landesvertretung, die eine unbebaute Fläche an der Ebertstraße gekauft hat, auch nicht verraten. "Sinn des Erwerbs ist es, dafür zu sorgen, dass eine attraktive Fläche entsteht", sagt Thomas Becker, Sprecher der Landesvertretung. Die Brachflächen hält er für eine "Schande". Konkretes zu den Planungen will er noch nicht preisgeben. Aber dem Vernehmen nach könnte ein Gebäude entstehen, in dem sich hessische Unternehmen präsentieren. Wann mit dem Bau begonnen werden soll, ist fraglich.

Und kompliziert wird es mit dem Bau auf dem Grundstück des Deutschen Reisebüros. Dies will sein zentral gelegenes Areal zwar gerne verkaufen - findet aber keinen Interessenten, weil das Grundstück über dem Nord-Süd-Tunnel der S-Bahn liegt. Eine Bebauung wird dadurch technisch aufwändiger und - was Investoren abschreckt - auch teurer.

In der Nähe vom Leipziger Platz:
"Wem gehört die Mauer?"


[1] Ulrich Paul, " Der Unvollendete: Der Leipziger Platz ist von Brachen umrahmt - und wird es lange bleiben," in Berliner Zeitung, Nr. 248, 24.10.2005 und http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/494310.html.