German W3220 Fall 2000
    Instructor: Richard Alan Korb
    Meeting Time: MW 9:10 - 10:25
    Room: 316 Hamilton Hall

Berlin bleibt Berlin" heißt es. Aber welches Berlin? Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Berlin als Ruinenstadt in vier militärische Sektoren aufgeteilt. Dieses Berlin wurde zum Zentrum eines neuen Kalten Krieges. Während die Ostzone als die Hauptstadt der DDR hervorging, wurde Westberlin mit ihrem Sonderstatus zum Schauplatz des Kapitalismus. Am 13. August 1961 wurden Ost- und Westberlin durch die Errichtung der Mauer völlig abgeriegelt. Erst achtundzwanzig Jahre später am 9. November 1989 sollte die Mauer wieder geöffnet werden. Nach der Vereinigung wurde die neue alte Metropole zum vereinigten Berlin-Berlin". Seit Juli 1999 residiert die Bundesregierung in der Hauptstadt an der Spree.

In diesem Kurs erarbeiten wir Dokumente und Gedanken aus allen drei Epochen dieser siamesischen Stadt: 1945-1961, 1961-1989 und 1989-1999.

Es geht uns den Verhältnissen entsprechend gut. Ich sehe fast wie ein Skelett aus (Du hättest keine Freude daran), aber wir sind alle gesund, die Kinder munter und vergnügt, obwohl sie ewig Hunger haben. "Mutti, wann gibt es denn endlich was zu essen?" Immer abwechselnd darf einer den Suppentopf auskratzen. Naht das Ende der Stromsperre, sitzen sie alle vier um das kostbare Hindenburglicht, um es sofort auszupusten. Das macht natürlich "Spaß", und von den Kindern lerne ich, den kleinsten Dingen Freude abzugewinnen und mich mit unausweichlichen Widerwärtigkeiten abzufinden.
(aus: Christiane Frommann, "Vier Briefen an einen Kriegsgefangenen", 1945)
Was die Berliner hüben und drüben noch immer verband, wurde erst nach dem Fall der Mauer so richtig klar: In der DDR waren die Berliner die Hauptstädter. Wenn überall sonst im Lande an den wichtigen Dingen für den täglichen Bedarf Mangel herrschte, gab es am ehesten in Berlin Schnittblumen oder Südfrüchte zu kaufen. Es war das Ziel der Staatsführung, Berlin nicht nur Hauptstadt zu nennen, es sollte auch zu einer Metropole ausgebaut werden. Baustoffe wurden zuerst nach Berlin geliefert, danach mußten die übrigen Bezirke der DDR sich den Rest teilen oder gar ganz verzichten. Neid war die Folge, die Berliner hatten es immer besser als der Rest der Republik.
(aus: Manfred Hosbsch, "Wo, bitte, war die Mauer?", 1997)
Ich wohne in Berlin-Mitte. Der ganze kleine Bezirk wird sich verändern wie kein anderer in Berlin. Momentan gleichzeitig über tausend Baustellen. Jeder geht mit Sand im Schuh. Der Aufschwung Ost liegt in Baugruben, er wickelt sich in blauen Folien um die Häuser, er ächzt auf Schuttrutschen, er steht als Staubwand vor Augen. Und es braucht die ganze visionäre Kraft der Anwohner, darin eine vorübergehende, notwendige Etappe zu sehen, damit aus der alten grauen Ecke der Regierungssitz werden kann. Die würdige Hauptstadt.
(aus: Regina Sylvester, "Vermüllt, verrucht, vital", 1997)

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