Quelle: Schulz, Frieder. Die Gebete Luthers. Gütersloh : G. Mohn, 1976.
(Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte ; Bd. 44)
Morgensegen
Ich dancke dir, mein himmlischer Vater, durch JEsum Christum, deinen lieben Sohn, daß du mich diese
Nacht für allem Schaden und Gefahr behütet hast, Und bitte dich, du wollest mich diesen Tag
auch gehüten für Sünden und allem Übel, daß dir alle mein Thun und Leben gefalle;
denn ich befehle mich, mein Leib und Seele und alles in deine Hände, dein heiliger Engel sey mit
mir, daß der böse Feind keine Macht an mir finde. -- S. 338
Abendsegen
Ich dancke dir, mein himmlischer Vater, durch JEsum Christum, deinen lieben
Sohn, daß du mich diesen
Tag so gnädiglich behütet hast, Und bitte dich, du wollest mir vergeben
alle meine Sünde,
wo ich unrecht gethan habe, und mich diese Nacht auch so gnädiglich behüten; denn ich befehle
mich, mein Leib und Seele und alles in deine Hände, dein heiliger Engel sey mit mir, daß
der böse Feinde keine Macht an mir finde. -- S. 338
Tisch-Gebet vor dem Essen. Das Benedicite.
"Aller Augen warten auff dich, HErr, und du giebest ihnen ihre Speise zu seiner Zeit, du thust deine
Hand auff und sättigest alles, was da lebet, mit Wohlgefallen."
Darnach das Vater Unser und diß folgende Gebet:
HErr GOTT, himmlischer Vater, segne uns und diese deine Gaben, die wir von deiner milden Güte zu uns
nehmen durch JEsum Christum, unsern HErrn. -- S. 338
Nach dem Essen. Das Gratias.
"Danket dem HErrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich, der allem Fleische
Speise giebt, der dem Vieh sein Futter giebt, den jungen Raben, die ihn anruffen. Er hat nicht Lust an
der Stärcke des Rosses noch Gefallen an iemandes Beinen. Der HErr hat Gefallen an denen, die ihn
fürchten und auff sine Güte warten."
Darnach das Vater Unser und diß folgende Gebet:
Wir dancken dir, HErr GOtt, himmlischer Vater durch JESUM Christum, unsern HErrn, für alle deine
Wohlthat, der du lebest und regierest in Ewigkeit. -- S. 339
Vater unser
Ach himmlischer Vatter, du lieber GOtt, ich bin eyn unwürdiger, armer Sünder, nicht werth, das
ich meine augen oder hende gegen dir auffhebe oder bette. Aber weil du uns allen gebotten hast zu betten
und darzu auch erhörung verheyssen und über dasselbe uns beyde wort und weise gelehret durch
deinen lieben son, unsern Herren Jesum Christ, so komme ich auff solch dein Gebott, dir gehorsam zu
sein,
und verlasse mich auff deine gnädige verheyssung, und im Namen meines HErrn Jesu Christi bette ich
mit allen deinen heyligen Christen auff Erden, wie er mich gelehret hat:
"Vatter unser, der du bist im Himmel,
Geheyliget werde dein Name,
Zukomme dein Reich,
Dein wille geschehe wie im Himmel, also auch auff Erden,
Unser täglich Brot gib uns heute,
Und verlaß uns unser schulde, als wir verlassen unsern schuldigern,
Und führe uns nicht inn versuchung,
Sondern erlöß uns von dem übel." -- S. 180.
Gebett, die heylige Schrifft fruchtbarlich zu studieren
HErr Gott, lieber Vater im Himmel, ich bin wohl unwürdig des Amtes und Dienstes, darin ich Deine
Ehre verkündigen, und der Gemeinde pflegen und warten soll. Aber weil Du mich zum Hirten und Lehrer
des Wortes gesetzet hast, das Volk auch der Lehre
und des Unterrichts bedürftig ist, so sei Du mein Helfer und laß Deine heiligen Engel
bei mir sein. Gefällt es Dir dann, durch mich etwas auszurichten zu Deinen Ehren
und nicht zu meiner, oder der Menschen Ruhm, so verleihe mir auch aus
lauter Gnade und Barmherzigkeit den rechten Verstand Deines Wortes, und vielmehr, daß
ichs auch thun möge. O Jesu Christe, Sohn des lebendigen Gottes, Hirte und Bischof unsrer Seelen,
sende Deinen heiligen Geist, der mit mir das Werk treibe, ja der in mir wirke das Wollen und
Vollbringen durch Deine göttliche Kraft. -- S. 283.
Ernstlichs Gebett Doctoris Martini Lutheri zu Wormbs auff dem Reichstag Anno Domini 1521
Allmechtiger, ewiger GOTT, wie ist es nur eyn ding umb die welt, wie sperret sie den leuten die Meuler
auff, wie klein und gering ist das vertrauen der Menschen auff GOTT, wie ist das fleysch so zart und
schwach und der Teuffel so gewaltig und geschefftig durch seine Apostel und Weltweisen, wie ziehet sie so
bald die hand ab und schnurret dahin, laufft die
gemeyne ban und den weiten weg zur Hellen zu, da die gottlosen hingehören, und sihet nur alleyn
bloß an, was prechtig und gewaltig, gros und
mechtig ist und ein ansehen hat. Wann ich nun meine augen dahin wenden soll, so ists mit mir auß,
die Glock ist schon gegossen und das urteyl gefellet, ach GOTT, ach GOtt, o du mein GOtt, du mein Gott,
stehe du mir bei wider aller welt vernufft und
weißheyt, thu du es, du must es thun, du alleyn, ist es doch nicht mein, sondern
deine sache, habe ich doch für meine person alhie nichts zuschafen und mit disen grosen Herren der
welt zu thun, wolte ich doch auch wol gut gerühige tage haben und unverworren sein. Aber dein ist
die sache, Herr, die gerecht und ewig ist. Stehe mir bei, du treuer, ewiger GOtt, ich verlasse mich auf
keynen Menschen, es ist umbsonst und vergebens, es hincket alles, was fleysche ist und nach fleysch schmeckt
, o GOTT, o GOTT, hörest du nicht, mein GOTT, bistu tod? nein, du kanst nicht sterben, du verbirgest
dich alleyn, hastu mich darzu erwehlet? ich frage dich, wie ich es dann gewiß weiß, ey so
walte es Gott; dann ich mein lebenlang nie wider solche grose HERREN gedacht zu sein, habe mir es auch
nie fürgenommen, ey GOTT, so stehe mir bei inn dem Namen deines lieben Sohns Jesu CHRISTI, der mein
schutz und schirm sein soll, ja meine feste burg, durch krafft und sterckung deines Heyligen Geystes.
HERR, wo bleibestu? du mein GOTT, wo bistu? komm, komm, ich bin bereyt, auch mein leben drumb zu lassen,
gedultig wie eyn Lämblin; dann gerecht ist die sache und dein, so will ich mich von dir nicht
absondern ewiglich, das sei beschlossen inn deinem Namen; die Welt muß mich über mein gewissen wol
ungezwungen lassen, und wann sie noch voller Teuffel were und solt mein leib, der doch zuvor deiner
hände werck und geschöpff ist, darüber zu grund und boden, ja zu trümmern gehen,
dafür aber dein wort und Geyst mir gut ist, und ist auch nur umb den Leib zu thun, die seel ist
dein und gehöret dir zu und bleibet auch bei dir ewig. Amen. Gott helff mir. -- S. 262-263.