Nöldeke, Theodor, Geschichte des Qorâns.

(Göttingen :  Verlag der Dieterichschen Buchhandlung,  1860.)

Tools


 

Jump to page:

Table of Contents

  Page [1]  



1
 

Erster Theil.

üeber den Ursprung des Qoräns.
 

1.   Ueber Muhammeds Prophetie und Offenbarungen.

A)   Muhammed als Prophet.   Die Quellen seiner Lehre.

lYönnen Avir gleich nicht leugnen, dafs sich auch bei andern
Völkern hier und da etAvas der Prophetie Aehnliches zeigt,
so finden Avir doch allein bei den Israeliten ^) das echte Pro-
phetenthum als eine das ganze Gebiet der Religion und des
Staats beAvegende und bestimmende Macht. Das Avahre We¬
sen des Propheten besteht darin, dafs sein Geist von einer
erhabenen religiösen Idee erfüllt und endlich so ergriffen
Avird, dafs er sich Avie von einer göttlichen Macht getrieben
sieht, jene Idee seinen Mitmenschen als von Gott stammende
Wahrheit mitzutheilen ^).   Warum die Prophetie gerade in

') Etwas Aehnliches mögen die altarabischen f^l^ gehabt ha¬
ben, v^n denen wir aber wenig Sicheres wissen. Ich bemerke hier,
dafs die übrigen semitischen Sprachen ihr Wort für „Prophet" alle erst
aus dem hebräischen 5^"'Z1D abgeleitet haben.

*) Dieser ursprüngliche Begriff wird getrübt, Avenn die Prophe¬
tie als ein Stand angesehen, in Schulen gelehrt oder gar erblich wird.
Sehr charakteristisch für das Wesen des echten Propheten ist die
Stelle Amos 7, i4 f.: Ich bin kein Prophet (dem Stande nach), noch
eines Propheten Sohn, sondern ein Rinderhirt und Maulbeerzüchter;
aber Jahve nahm mich vom Viehhüten weg, und sprach zu mir:
„wohlan, rede als Prophet zu meinem Volke Israel!"

1
  Page [1]