Handwritten letter from Schenker to Emil Hertzka (UE), dated Tuesday December 22, 1908 [ UE stamp: ] Sehr geehrter Herr Direktor !1 Besten Dank für Ihr letztes Schreiben. Sie haben vollkommen Recht. Hat es doch auch mir selbst im Grunde widerstrebt, eine Preiserhöhung der Tb. schon nach wenigen Wochen eintreten zu lassen: es bleibe also dabei, was Sie veranlassen. d.h. die Tb. gelte vorläufig nur erst als Talent- u. Belastungsprobe des großen Publikums, u. Nun aber sind ja meine 4 §§ vorläufig ohne Belang für Sie. Ich bitte Sie daher, mir diese Blätter ehestens wieder zukommen zu lassen, da ich spez. Anm. 4 bald zu placieren Gelegenheit habe.3 Sollte dann in absehbarer Zeit Ihre Idee der 2 Tab. dennoch in Erfüllung zu gehen haben, so wird sich dann sicher wieder was finden, dasselbe {2} oder Anderes. Vergessen Sie also nicht, die Blätter zu retournieren. Was Ihren Plan betreffs des “_Wtmp. Klv._” anbelangt, so muß ich zunächst für Ihr Vertrauen Ihnen herzlichst u. aufrichtig danken, zumal ich annehme, daß Sie selbst es waren, der H. Dir. Bopp4 auf mich gelenkt hat. Sei dem aber, wie es will, ich bin bereit, ohne jede Überhebung zu sagen, daß(, was übrigens auch mein Freund Busoni Ihnen bestätigen würde) unter den heutigen Musikern kaum Einer sich just zu dieser würdigen Aufgabe so gut eignen würde, wie ich selbst. Auch könnte ich es wagen, vorauszusagen, daß eine5 diesbezügliche Arbeit von mir der “U.E.” auch materiellen Vorteil durch Verbreitung in deutschen Konservatorien etc. bringen würde, der sogar die bisher unpraktisch ausgegebenen Gelder ( Czerny,6 Röntgen7 ) heimbringen könnte. Dennoch stellen sich gewaltige Hindernisse der Ausführung des Wunsches entgegen, wie ihn Dir. Bopp u. Sie formulieren. Es ist zu kein Zweifel, daß Busoni’s Ausg.8 die Czerny’s, Röntgen’s u. andere [übe]rragt. Das machen schon allein die Bemerkungen, die er für Lehrer u. Schüler hinzufügt. Indessen sind der rein technischen Bemerkungen zunächst quantitativ zu wenig, in dem Sinne nämlich, als es umgekehrt leider viel mehr anderer Bemerkungen giebt, die blos auf Stimmung ausgehen, u. daher keinerlei Nutzen weder dem Spieler noch den Kompositionsschüler bringen. Denken Sie, es wollte Jemand besser Klavier spielen, komponieren oder dirigieren lernen, indem {3} er sich einfach [ smudged ] die “Stimmung” unserer Zeit [ smudged ], die Luftschiffe zeugt, dabei zu Nutze machen würde [ smudged ]. Vom Luftschiff wird der Musiker durchaus nicht fatti[?]! Ebensowenig aber können auch Busoni’s “gothische Dome” u. ähnliche Stimmungsanweisungen den Lehrern u. Schülern nutzen, u. es müßte dagegen mehr die Analyse richtig geboten, bei dieser Gelegenheit erklärt werden, was die Güte, Schönheit, die spezifische Genialität des betreffenden Stückes ausmacht, wodurch allein der Vortrag an Sinn u. Schönheit gewinnen könnte. (Sie wissen ja, daß Bach in Chor- u. Klavierwerken heute so heruntergehudelt wird, daß Dirigenten u. Spieler einfach verprügelt zu werden verdienen, abgesehen davon, daß durch diese Lumperei eine Milliarde materieller Güter – Konzerteinnehmen, Verlagsgeschäfte u. dgl – einfach kaufmännisch animiert wird.) Eine solche Arbeit müßte freilich an 2 Jahre in Anspruch nehmen u.s.w. Nun sind aber Busoni’s Anmerk., soweit sie rein technischer Natur sind, sicher allzu primitiv, u. meistens falsch. Er war noch jung, u. im Banne Riemann’s, als er um dieses Druck warb (freilich weiß er es leider auch heute nicht viel besser.) Ich eile zu den Schlüßen: Ist H. Dir. Bopp einfach blos darum zu tun, eine Fortsetzung gerade der_ Busoni’_schen Ausgabe (d.i. beiläufig in derselben Art) zu erhalten, so ist für Sie {4} nichts einfacher, als ihm solchen Wunsch zu erfüllen. Sie brauchen ja nur z.B. Prof. Heuberger9 mit dieser Aufgabe zu betrauen, u. ihm, ohne ihn zu beleidigen, die Weisung zu geben, daß der II. Band nach den Analysen Prof. Riemanns (vgl. Hesse, Katechismus !!)10 verfertigt werden solle. (Vielleicht mischt er dazu einiges von sich selbst, von Bruyck,11 Spitta,12 u.dgl.). Doch möchte ich andererseits bezweifeln, ob eine solche Arbeit für die “_U.E._” wirklich endlich “praktisch” bleibe, da ja Busoni’s Arbeit selbst einer befreienden Wirkung entbehrt, u. deswegen so wenig bekannt ist. Und noch immer halte ich den, von hochnasigen, eingebildeten “Praktikern” (von der Art z.B. Weinberger’s13) verlachten Standpunkt, eine solche Sache aufs Beste zu machen, zugleich auch für das wirklich “Praktischeste,”das Umwege über Geld[-] u. Zeit verluste erspart! Sie entnehmen also daraus, daß ich darüber ganz andere Gedanken als Sie u. Dir. Bopp (u. Busoni ) habe.14 Ist das allein schon ein Grund, weshalb ich dem ehrenden Antrag nicht entsprechen kann, so tritt als ein noch wichtigerer hiezu, daß, wie ich Ihnen schon sagte, die Korrekturen meines Bd. II augenblicklich im Vordergrunde stehen. Cotta15 stürmt, u. dennoch werden wir Mühe haben, zu Ostern den Bd. II herauszubringen. Mit diesem Band aber hoffe ich mich um die Lehrer u. Schüler auch unserer Akademie16 hinreichend verdient zu machen, um mir den Seitensprung zum “Wohltp.Klv.” ersparen zu dürfen, der für mich selbst ja kaum irgendwie lohnend sein kann.– {5} Für Ihre herzliche17 Einladung sage ich besten, wärmsten Dank! Bei erster, bester Gelegenheit werde ich ihr mit Vergnügen entsprechen ! Mit ausgezeichneter Hochachtung © Heirs of Heinrich Schenker |
Handwritten letter from Schenker to Emil Hertzka (UE), dated Tuesday December 22, 1908 [ UE stamp: ] Dear Director,1 Many thanks for your latest letter. You are perfectly right. It does very much go against the grain with me, too, to introduce a price rise for the Tabelle after only a few weeks. So let us stay with what you have arranged, i.e. for the time being let the Tabelle serve provisionally as a test of the public-at-large’s talent and capacity. Its sales may tell you whether, so to speak, behind the back of a daily criticism that out of necessity deals in mere hot air, the public itself will summon any desire to go beyond this on their own and instruct themselves on matters over which the “critics,” because they too are ignorant on it, were until now completely unable to instruct them. But I prophesy: in the coming weeks, on the occasion of the première of Elektra in the opera house2 there will suddenly be a conspicuous lot to read about e.g. “basset horns” and the like in the daily reviews. Please be sure to join me in having a good laugh. For the time being, however, my four sections are clearly of no importance to you. Please let me have these pages back in the very near future, since I shall soon have an opportunity to make use particularly of Commentary 4.3 Then if in the foreseeable future your idea of two tables nevertheless seems likely to come to fruition, something will surely turn up, this {2} or something different. Do not forget to return the pages. As regards your plan concerning the Well-tempered Clavier, let me first thank you from the bottom of my heart for your confidence in me, all the more since I assume it was you who pointed Director Bopp4 in my direction. Be that as it may, however, I can say without any presumption that (as incidentally even my friend Busoni would corroborate for you) scarcely anybody among today’s musicians would be as well equipped for this noble task as am I myself. I would also venture to predict that a5 work of this sort by me would also bring even material advantage to UE through dissemination to German conservatories, etc., an advantage that until now even the impractically expended funds (Czerny,6 Röntgen7) could [not] garner. Nonetheless, formidable obstacles stand in the way of realizing your wishes as Director Bopp and you formulate them. Without a doubt, Busoni’s edition8 towers above those of Czerny, Röntgen, and others. The commentaries alone that he includes for teachers and students establish that. However, there are far too few purely technical comments, whereas there are unfortunately on the other hand far too many other comments that concern only mood and consequently have nothing to offer either the player or the composition student. Just imagine someone wanted to learn how to play the piano, or compose, or conduct better {3} merely by utilizing for that purpose the “spirit” of our age, which begets—airships. Musicians are simply not made[?] out of airships! Of no more utility to teachers and students are Busoni’s “gothic cathedrals” and similar “mood indications.” On the contrary, it would have been better to invoke analysis to explain what constitutes the goodness, the beauty, and the specific quality of genius in the work in question; only from this can performance acquire meaning and beauty. (You doubtless know that in his choral and keyboard works Bach is so badly mangled these days that conductors and players just deserve to be flogged, except for the fact that through this shabby trick a billion material goods—concert takings, publishing deals, and the like—are simply commercially motivated.) A work of this sort would demand at least two years, etc. Moreover, those of Busoni’s comments that are purely technical in nature are all too primitive, and for the most part wrong. He was still a young man, and under the spell of Riemann, when he sought to do this publication (sadly, to be sure, he does not know much better today). Let me quickly draw my conclusions: If all Director Bopp is asking for is a straight continuation of the Busoni edition (i.e. in roughly the same style) then it is {4} the easiest thing in the world for you to satisfy his wishes. All you need do is to entrust, e.g., Prof. Heuberger9 with the task, and, without overtaxing him, instruct him that vol. 2 should be prepared according to the analyses of Prof. Riemann (cf Hesse, Catechism!).10 (He can perhaps mix in a few things of his own, and from Bruyck,11 Spitta,12 etc.) But on the other hand, I might doubt whether such an assignment is ultimately genuinely “practical” for UE, since Busoni’s work itself in fact lacks freedom of spirit, which is why it is so little known. And I still consider the much-ridiculed approach of autocratic, stuck-up “practitioners” (of the sort of, e.g., Weinberger13) that such a job should be done to the best of one’s ability to be at the same time also the genuinely “most practical” one, which avoids incurring loss of money and time. So you can tell from the above that I have14 entirely different ideas on this than you and Director Bopp (and Busoni). If that in itself is one reason why I cannot accommodate your honorable proposal, then there is another, more important one, namely that, as I have already told you, the proofs of my vol. II are currently in the forefront of my mind. Cotta15 is harrying [me], and even so we will have trouble getting vol. II out at Easter [1909]. It is with this volume, however, that I hope to do a sufficiently great service to the teachers and students even of our Academy16 to spare myself the lateral move to the Well-tempered Clavier, which is hardly in any way profitable for me. {5} Best and warmest thanks for your kind17 invitation. I will gladly comply with it at the very first available opportunity. With kind regards, © Translation Ian D. Bent 2005. |
COMMENTARY: FOOTNOTES: 1 Several passages obscured by file punch-holes have been reconstructed from the draft, OJ 5/16, [5]. In these cases, square brackets have been dispensed with. 2 Richard Strauß's Elektra was first performed at the Dresden Court Opera on January 25, 1909, and came to Vienna later the same year. 3 Perhaps S was planning to use it in the instrumentation section of his unpublished Niedergang der Kompositionskunst. 4 Wilhelm Bopp, who took over the directorship of the Vienna Conservatory on Janury 1, 1909, when it became the Kaiserlich-königliche Akademie für Musik und darstellende Kunst, and resigned in March 1919. 5 eine: appears as reine ("pure"); OJ 5/16, [5] has eine. 6 Czerny's edition of WTC was published by UE in 1901 (UE 5-6) by arrangement with ... 7 Röntgen's edition of WTC was commissioned by UE and published in in 1907 (UE 1547-1548). Click on Julius Röntgen. 8 Ferruccio Busoni's edition of WTC Book I, published by Peters[?] and Schirmer, 1894. 9 Richard Heuberger (1850–1914), teacher at the Vienna Conservatory from 1902 and Director of the Wiener Männergesang-Verein, 1902–9, prominent music critic, founder of the yearbook Musikbuch aus Österreich (1904–13), and also composer of opera, operetta, and ballet; early in his career a member of Brahms’s Vienna music circle. Both Busoni and Heuberger (along with Reznicek, Kienzl, and Weingartner) were pupils of the music theorist W.A. Rémy (1831–98). Heuberger had already served as editor for UE in the days before Hertzka. (_NGDM_) 10 Hugo Riemann: Katechismus der Fugenkomposition, 3 vols (Leipzig: Max Hesse, 1890-94), of which vols 1-2 are on the WTC. "Hesse" and "Katechismen" double-underlined. 11 Karl Debrois van Bruyck (1828–1902), Austrian writer on music: Technische und ästhetische Analyse des Wohtemperierten Klaviers (Leipzig, 1867, 3/1925), and Die Entwicklung der Klavierwerke von J.S.Bach bis R. Schumann (1880). (_BBDM_ 7/1984) 12 Julius August Philipp Spitta (1841-94), German music historian, Bach scholar and author of biography Johann Sebastian Bach (Leipzig:, 1873-80), frequent target of S's criticism. 13 Josef Weinberger (1855-1928), Viennese music publisher who established his own firm in 1885, and with three other publishers founded UE in 1901, managing it until around 1906. 14 haben. 15 J.G. Cotta Nachfolger, the publisher of NMTP, vols 1 ( Harmonielehre ) and 2/1 ( Kontrapunkt I). Kontrapunkt was published in 1910. In the draft, OJ 5/16, [5], S identifies it as "Cp.". It is notable that S has removed the reference to his Niedergang der Kompositionskunst, which he had added to the draft as NMTP vol.3, from this final version. 16 i.e. the Vienna Conservatory. The draft, OJ 5/16, [5], has "K.K. Akademie in Wien". (See earlier footnote.) 17 hezliche. SUMMARY: © Commentary, Footnotes, Summary Ian D. Bent 2005.
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