Homuth, Paul, Das Abklingen der Farben

(Leipzig :  W. Engelmann,  1912.)

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208                                       Paul Homuth,

oder mit einer Mischfarbe zu tun hat [so in II5 bis II7 bei Weiß,
oder noch deutlicher der gelbe Schleier über dem Blau bei den Reizen
Grün II und Blau]. Eben durch diese Unsicherheit des Urteils ist
aber gerade der Charakter der dabei sich gegebenenfalls zeigenden
einheitlichen Farbentöne festgelegt: Sie sind nicht als relativ
selbständige Übergangsfarben, sondern als »Mischfarben« zu
bezeichnen, als Produkte der Verschmelzung der oben genannten drei
Hauptfarben.

IL Abschnitt:  Geschichte.

Mit dem »Abklingen der Farben« hat sich zuerst eingehend
und nach methodischen Gesichtspunkten G. Th. Fechner beschäf¬
tigt (»Über die subjektiven Nachbilder und Nebenbilder«, Pogg.
Ann. Bd. 50, 1840, S. 193—221 und S. 427—470; einige wichtige
Bemerkungen schon in der Abhandlung: Ȇber die subjektiven
Komplementärfarben«, Pogg. Ann. Bd. 44, 1838, S. 221—245 und
S. 513—535). Von früheren Beobachtern sind nur wenige und oft
ungenaue Aufzeichnungen über diesen Gegenstand gemacht worden.
So gibt z. B. Goethe an (Farbenlehre I, S. 29, Cotta 1867), daß er
nach Reizung durch einen hellen Fleck, der im sonst dunklen Zimmer
durch Sonnenlicht auf weißem Papier erzeugt wurde, beim Blick
ins Dunkle gesehen habe: Hell farblos, »einigermaßen Gelb« mit
purpurfarbenem Rande, Purpur mit blauem Rande und Blau mit
»unfärbigem« Rande, also Farben, wie ich sie nach Reizung durch ge¬
mischtes Licht in genau der gleichen Reihenfolge sehr oft gesehen habe.

Besonders umfangreich ist die Zahl der Versuche, die Fechner
mit dem Lichte der Sonne angestellt hat. Die Verfärbungen im
Pri mär bilde erhielt er dabei am besten, wenn er ein weißes, im
direkten Sonnenlichte auf schwarzem Grunde liegendes Papier¬
blatt nach kurzer Dunkeladaptation fixierte (Bd. 50, S. 206). Im
ersten Augenblicke zeigte sich dann infolge von »Blendung« eine
gewisse Unbestimmtheit in der Erscheinung. Bald färbte sich aber
das Papier für kurze Zeit »entschieden gelb«. Die gelbe Phase
wurde dann durch eine »oft ziemlich lange« blaugraue oder blaue
abgelöst, diese wieder durch Rot violett oder Rot. Eine weitere
Phase war nie zu sehen. Eine »Übergangsfarbe durch Grün«
zwischen dem Gelb und dem Blau war »bei oftmaligen Versuchen«
(d. h., füge ich hinzu, trotz eifrigen Suchens) nie zu finden. Dem¬
nach stimmen die gefundenen drei Primärfarben Gelb, Blau und
Rot bis Rotviolett genau mit meinen drei Hauptfarben überein.
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