Main

from Röntgen Archives

March 18, 1901

OJ 13/27, [1] : 3-18-01

Handwritten letter from Röntgen to Schenker, dated March 18, 1901

Amsterdam, 18 März 1901.

Verehrtester Herr Doctor,

Herzlichsten Dank zuerst für Ihren Brief1 und Ihre so freundlichen Gesinnungen, die ich sehr hochschätze!

Es wird mir eine Freude sein, etwas zu dem großen Unternehmen, von dem Sie mir schreiben, beizutragen. Im Princip sage ich also gerne: ja, möchte aber meine endgültige Entscheidung davon abhängen laßen, in welcher Art die Herausgabe gewünscht wird. {2} Daß nicht nur eine kritische Wiedergabe des Urtextes beabsichtigt ist, sehe ich schon aus Ihren Bemerkungen. Wird die Ausgabe um nach allgemeinen Principien veranstalten oder bleibt jedem der verschieden[e]n[?] Herausgeber sein individueller Weg überlaßen?

Handelt es sich z. B. nur um eine Bezeichnung von Fingersatz, Phrasirung u. s. w. oder muß es eine instruktive Ausgabe in der Art der Cottaischen sein.2

Eine Arbeit in letzterem Sinne würde ich nicht gern übernehmen. Eine andere Frage: soll die Ausgabe eine vollständige sein, d. h. alle {3} Werke eines Componisten bringen oder könnte man sich auf eine Auswahl beschränken? z. B. einige der Mozartschen Claviersachen (außer den Sonaten), die Phantasien, Rondo amoll, Adagio hmoll und noch einige der kleineren, weniger bekannten Stücke? Das schiene mir praktischer, als die ganze Maße zu bringen, in der doch Vieles nur historisches Intereße hat. Eine Auswahl Mozart’scher Clavierwerke würde mir eine lockende Aufgabe sein! Dann hatte ich gedacht an die 6 Bach’schen Clavier u. Violinsonaten, die nur in sehr unbrauchbaren populären Ausgaben erschienen sind. Die 6t. Sonata ist {4} überhaupt noch nicht in der älteren Bearbeitung – die zwei wundervolle Adagios enthält – erschienen (nur in der großen Bach-Ausgabe).3

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir also noch etwas Näheres über die Künstlerische[corr] Operations-Basis des ganzen Unternehmens mittheilen wollten!

Zum Spaß schicke ich Ihnen einen Scherz mit, den ich mir vor Jahren mit Bülow geleistet habe. Es ist die “Bearbeitung” eines Clavierstücks von mir für eine Bülowbegeisterte Schülerin, die sehr stark im “Nichttreffen” war.

Sie sehen daran, was Sie von mir als “Bearbeiter” zu fürchten haben!

{5} Gelegentlich schicken Sie mir das Ding wohl zurück, am Liebsten recht bald mit den Inventionen, auf die ich sehr gespannt bin!

Ich bedaure noch, daß ich bei meinem letzten Wiener Besuch in so schlechter Verfaßung war und deßhalb weniger von unsrem Zusammensein haben konnte. Messchaert4 wurde leider von mir “influenzirt”5 und hat bis vor Kurzem damit zu thun gehabt: Jetzt ist er aber wohl und munter zum Bach-Fest in Berlin und am 26t. haben wir hier Concert[e.]6

{6} An Posas Violinsonate und neuen Liedern7 habe ich großen Genuß: sie[?] beschäftigen[alt from beschäftigt] mich auf’s Intensiveste!

Für heute genug, ich schreibe in großer Eile.

Wollen Sie die Güte haben Herrn Weinberger8 von meiner vorläufigen Zusage Mittheilung zu machen?

Ich hoffe dann bald Näheres zu hören, um dann hoffentlich etwas Bestimmtes sagen zu können.

Mit herzlichstem Gruß
Ihr
verehrungsvoll ergebener
[ sign’d: ] Julius Röntgen.

{7} Bitte um Discretion für den “Über-Bülow”!9

S[?].O.

© In the public domain.
© Transcription Kevin Karnes, 2006.

Continue reading "OJ 13/27, [1] : 3-18-01" »

April 22, 1901

OJ 13/27, [2] : 4-22-01

Handwritten letter from Julius Röntgen to Schenker, dated April 22, 1901

Amsterdam, 22 April 1901.

Verehrtester Herr Doctor,

Endlich ein Wort des Dankes auf Ihre inhaltsreiche Sendung! Halten Sie die Verzögerung nicht für Gleichgültigkeit! Im Gegentheil: Ihre Lieder und vor Allem die Inventionen beschäftigen mich sehr, ich wollte Ihnen aber nicht eher schreiben, ehe ich in ein etwas intimerer Verhältniß zu den Sachen getreten war und das ist mir nicht sogleich gelungen.

Sie gehen in den Inventionen auf ziemlich verschlungenen Pfaden, auf denen Ihnen zu folgen nicht immer leicht fällt.1 Besonders liegt die rein musikalische Essenz nicht immer {2} vor der Hand, während das Technische ja sogleich intereßirt und imponirt. Am Meisten in dieser Beziehung zieht mich das Fismoll Stück an – bisjetzt aber mehr beim Lesen, als beim Spielen. Klanglich scheint mir Vieles gewagt, obgleich Alles vollkommen logisch ist. Sie können getrost darauf schreiben: “eine deutliche Art darneben einen starken Vorschmack von der Komposition zu überkommen” – wie es Bach bei den Inventionen gethan hat.2 Dagegen scheint mir die “Gemüths-Ergötzung” etwas zurückzutreten.3

Soweit bin ich bisjetzt mit den Inventionen gekommen, vielleicht ändert sich mein Urtheil aber noch. Ich werde jedenfalls oft zu den Stücken zurückkehren und ich freue {3} mich darauf später mehr mit Ihnen darüber zu reden!

Mit den Liedern habe ich mich noch nicht viel beschäftigen können, da ich gerade in den letzten Wochen sehr viel Anderes zu thun hatte. Die Bach-Ausgabe, die ich übernommen habe,4 beschäftigt mich in freien Stunden ganz und gar (zu dieser Thätigkeit paßten nun Ihre Inventionen sehr gut[)] und Alles Andere mußte deßhalb zurücktreten.

“Ausklang” steht mir unter den Liedern obenan.5 Der herrliche Text hat einen unmittelbaren Ausdruck in der Musik gefunden und das Lied muß eine tiefe Wirkung machen. Die anderen Lieder kommen mir zum Theil nicht so natürlich vor (das reizende Wiegenlied [in lower right corner:] ausgenommen!)[.]6 {4} Die Texte sind ja aber auch mehr geistreicher Art und interessant haben Sie Alles illustrirt! Am Wenigsten sagt mir das letzte Lied zu – mir kommt’s hie und da etwas zu schwer für den leichtfertigen Text vor (gis-moll Episode)[.] Doch, wie gesagt, ich muß noch besser eindringen und bitte Sie diese paar Worte nur als vorläufig anzusehen.

Messchaert kommt dieser Tage nach Amsterdam.7 Ich freue mich darauf die Lieder mit ihm durchzumachen und besonders auf den “Ausklang”.

Und nun nehmen Sie heute mit dieser zu kurzen Antwort auf Ihren so Vieles anregenden Brief vorlieb und nochmals für Alles herzlichen Dank[.]

Ihren Sie verehrenden
[ sign’d: ] Julius Röntgen.

© In the public domain.
© Transcription Kevin Karnes, 2006.

Continue reading "OJ 13/27, [2] : 4-22-01" »

June 17, 1901

OJ 13/27, [3] : 6-17-01

Handwritten lettercard from Röntgen and Oscar Posa to Schenker, dated June 17, [1901]

{recto}
BRIEFKAART

AAN Herrn Dr Heinrich Schenker
Oesterreich
Wien III
Reisnerstraße 38

[postmark:] || AMSTERDAM | 17 [?] 01 | * 12 6V * ||
[postmark:] || WIEN 3/3 49 | BESTELLT | 20.6.01 | 7-[illeg.] ||

{verso}
[photograph of woman, captioned:] ZUID-BEVELANDSCHE KLEEDERDRACHT.

Middelburg 17/6

Lieber Freund!

Ich empfehle diese Dame Ihrer Obhut[.] Behandeln Sie dieselbe mit Vorsicht. [cued from right margin sideways: und Rücksicht LLt[?] J. R.]

Hezl[?] Gruß[?],
[ sign’d: ] Posa1
[ sign’d: ] Julius Röntgen

© Roentgen: In the public domain; Posa: under inquiry.
© Transcription Kevin Karnes, 2006.

Continue reading "OJ 13/27, [3] : 6-17-01" »

October 14, 1901

OJ 13/27, [4] : 10-14-01

Handwritten letter from Röntgen to Schenker, dated October 14, 1901

Amsterdam, 14 Oct. 1901

Lieber, verehrter Herr Doctor,

Ihre “Indiscretion wider Willen”1 freut mich ungemein und es wäre schön, wenn wir ihr zu danken hätten, daß die Firma Messchaert-Röntgen in Wien keinen Banquerot|2 machte!

Gutman[n]s3 Taktik ist allerdings nicht schön. Vor zwei Jahren, als er mit dem hohen Angebot kam, stellten wir als Bedingung, daß es auch für folgende Jahre gültig bliebe, bleibenden Erfolg vorausgesetzt. Hierauf antwortete er zustimmend. {2} Ich habe ihm das dieser Tage deutlich geschrieben, natürlich ohne eine Spur von Hoffnung, daß es etwas nützen würde. Er fängt seinen Antwortsbrief mit dem schönen Satz an: ich bin in erster Linie begeisterter Kunstfreund und dann jammert er über die “schlechten Zeiten” die ja immer herhalten müßen. Nun, Rosé’s4 Anbot hat mir persönlich große Freude gemacht. Ob es sich für dieses Jahr realisirt, ist ja noch ungewiß. Jedenfalls ist Messchaert ja an Gutmann gebunden, mit dem er für sich allein für 3 Concerte im Janner [recte: Jänner] abgeschloßen hat.

Am 18t. habe ich mit M. hier Concert u. erfahre dann wohl, wie die Angelegenheit sich entwickelt hat. {3} Ich werde ihm dann Ihren Brief mittheilen u. er mag selbst antworten auf Ihre Vermuthungen, seine Auffassung Ihres Verhältnißes zu Rosé betreffend. Ich habe nie auch das geringste Wort von M. gehört, das mir Ihre Auffassung wahrscheinlich macht!

Und was haben Sie Neues gemacht? Sie sprachen in Ihrem letzten Brief von einer größeren Arbeit!

Sind Sie mit Ph. E. Bach5 fertig? Ich habe den ganzen Sommer durchgearbeitet, um meinen Bach-Verpflichtungen6 nach zu kommen. Jetzt wundert es mich, daß es mit dem Druck so langsam geht. Mir wurde der 1t. October als äußerter Termin des Erscheinens gestellt u. ich stand jeden Morgen dafür um 6. Uhr auf.

{4} Meine letzte eigne Arbeit war eine 4 händige Bearbeitung von Alt Niederländischen Tänzen von 1550, wohl das älteste Denkmal von Niederl. Instrumental Musik.7 Ich freue mich sie einmal mit Ihnen zu spielen! Wenn nämlich von Messchaert-Röntgen nichts wird, komme ich mit Eldering, unserem ausserordentlichen Geiger,8 und spiele den Wienern die 3 Brahms Sonaten vor.

Also ich sage auch auf Wiedersehen u. grüße Sie inzwischen auf’s Herzlichste!

Ihr
Freundschaftlich ergebenen
[ sign’d: ] Julius Röntgen.

© In the public domain.
© Transcription Kevin Karnes, 2006.

Continue reading "OJ 13/27, [4] : 10-14-01" »

About from Röntgen

This page contains an archive of all entries posted to Schenker Correspondence Project in the from Röntgen category. They are listed from oldest to newest.

from Rothe is the previous category.

from Türkel is the next category.

Many more can be found on the main index page or by looking through the archives.