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December 1, 1924

OJ 5/25, [1] : October/December 1924

Draft letter from Schenker to Josef Marx, in Jeanette’s hand, heavily edited by HS, undated, probably October/December 1924

VERSION 1 (first draft: JS’s original text, unedited)

[For reasons on illegibility, it is not possible to establish a reliable text for HS’s edited text of this letter.]

Hochgeehrter Herr Hofrat (Prof. Dr. Marx)1

Rechtsanwalt Dr. Ernst Lamberg2 verständigte mich am ?, daß das Stipendium meiner verstorbenen Schülerin Frau Sophie Deutsch3 nun in den Händen der Akademie4 ist u. daß Sie beschlossen haben, mir für Lebensdauer einen Terna-Vorschlag5 zu übermitteln. Indem ich mich nun an Sie wende,6 mache ich den Versuch, Sie für die anders geartete Absicht der Erblasserin zu gewinnen, für eine Lösung der Frage, die <bigx ohne irgendwie die neu erworbenen Rechte der Akademie zu schädigen – zumindest vorübergehend für die restlichen Jahre meines Lebens zugleich dem Testament entspräche.

Ich möchte nicht zu weit ausholen u. Ihnen überflüssig Zeit rauben, nur das Not- {2} wendige will ich Ihnen bekannt geben. Nicht allein aus den vielen Gesprächen mit meiner Schülerin, sondern auch aus dem Testament weiß ich es[,] daß sie durchaus nur an Künstler dachte, die gleichviel wo zuhause gleichviel auch, ob irgend einer Schule längst entrückt, vielleicht sogar bedeutenden Namen tragend, das ziemlich bedeutende Geld durch meine Vermittlung empfangen sollten, zur Linderung einer vorübergehenden Not, als Hilfeleistung z.B. für die Herausgabe eines Werkes usw. So sehr war das allein ihr Wunsch, daß sie im Testament für den Fall meines Ablebens den Rückfall des Stipendiumgeldes an den Verein zur Ausspeisung armer Schulkinder7 angeordnet hat. {3} Um nicht die in Frage kommenden Künstler zu verletzen, wünschte meine Schülerin mich ganz im Stillen diskret wirken zu lassen, so daß von der Zuwendung außer mir u. dem Empfänger niemand etwas zu erfahren brauchte. In dem selben[sic] Sinne luden mich der Bruder der Erblasserin,8 der Anwalt9 u. schließlich der Hofrat bei Gericht10 ein, die Verteilung zu übernehmen. Sogar habe ich in den ersten drei Jahren nach dem Tode der Erblasserin, noch ehe die Angelegenheit geklärt war, das Stipendium an drei Künstler von Namen11 verschickt, ohne daß der Bruder, der Anwalt oder das Gericht etwas über die Personen erfuhren, u. ich führe das als Beweis dafür an, wie ich die Angelegenheit bis jetzt ge- {4} handhabt habe.

Nun brauche ich Ihnen, sehr geehrter Herr Hofrat, nicht noch ausdrücklich zu erklären, worin heute der Widerspruch gegen den Wunsch der Erblasserin gelegen ist. ? Dr. Lamberg hat mir nicht mitgeteilt, weshalb der Verein bei seiner letzten Beschlußfassung nicht auch mich befragt hat; ich weiß also nicht, von welcher Seite die Pietät gegen die Verstorbene verletzt worden ist. Doch habe ich sehr bald Dr. Lamberg gegenüber schriftlich meine Bedenken geäußert, u. er eben wies mich, ohne mir Aufklärung zu geben, über das Vorgefallene zu geben, auf den Weg einer unmittelbaren Aussprache mit Ihnen. So frage ich Sie denn also, ob Sie willens wären, den Wunsch der Verstorbenen mit mir zu ehren u. für die Zeit meines Lebens {5} mir vertrauensvoll die Verfügung über die Zinsen zu überlassen, damit ich in die Lage komme, ungekontrollirt für mein[en] Teil wie für den Teil des Empfängers des Ehrenamtes zu walten. Für den Fall, daß Sie, sehr geehrter Herr Hofrat, keine Veranlassung fänden in diesen Gedanken der Pietät einzustimmen müßte ich auf jede Mitwirkung verzichten, nicht etwa aus Unfreundlichkeit gegen die Akademie, sondern im Bewußtsein, daß ich dem Wunsch meiner verstorbenen Schülerin so eher widerspräche. Hoffentlich aber finde ich Sie meinem Ansuchen geneigt u. verbleibe in

ausgezeichneter Hochachtung Ihr
sehr ergebener
[in JS’s hand:] Heinrich Schenker

© In the public domain.
© Translation Ian Bent & Lee Rothfarb, 2006.

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