Handwritten letter from Elias to Jeanette Schenker dated August 1, 1935
{envelope recto}
[in different hand:] Ansichtsk. 30.VIII.35
Wohlgeboren [/] Frau Professor Lie Lie Schenker
Hofgastein 34/5
Kurhaus Dr. Loebel
[bottom-left corner, diagonally:] Land Salzburg
[postmark:] || VENT | 2.VIII. [35] | * a * ||
{envelope verso}
A. Elias – Vent (Ötztal) Pension Obervent
{letter}
Vent, 1/VIII-35.
Liebe Frau Professor!
Herzlichen Dank für Ihren lieben Brief. Da ich schon lange keine Nachrichten von Ihnen hatte, freute es mich umsomehr, wieder einmal von Ihnen zu hören. Inzwischen hat auch Marianne Kahn mir den Brief in welchem Sie ihr die Lösung {2} der Wohnungsfrage mitteilten eingesandt. Da werden Sie ja leider gleich nach Ihrer Rückkehr aus Gastein viel Arbeit haben. Recht weh tut es mir zu denken, daß wir die schönen Räume in denen Schenker lebte und schuf nicht mehr sehen werden – aber ich begreife Ihren Standpunkt – und in {3} der Erinnerung bleibt ja doch alles unauslöschlich wie es war.
Kurz vor meiner Abreise war ich nochmals beim Grabe, da sah ich Ihre schönen Alpenblumen.
Bezüglich der Harmonielehre teile ich selbstverständlich Ihre Absicht! Da Kalmus sich meldete, muß die Nachfrage nach wie {4} vor groß sein, so[corr] wird er sich hoffentlich entschließen[corr], das Werk unverändert nachzudrucken. Verpflichtet ist er ja dazu! Ich denke Willfort durfte ihm durch Kabasta empfohlen worden sein.
Der Plan eines Schenker-Institutes hat auch mich sehr überrascht. Daß Sie erst über Leipzig davon erfuhren ist wohl merkwürdig. {5} Vermutlich wurde bisher nur unverbindlich darüber gesprochen, nur so kann ich mir erklären, daß man Sie nicht davon verständigte. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, mehr darüber zu hören.
Sehr bedauere ich, daß Ungar die Aphorismen nicht druckt. Eigentlich hatte er es ja schon {6} angedeutet, aber etwas weniger „verlegermäßig“ hätte er die Rücksendung einer solchen Manuskriptes doch gestalten können. Irolung[?] und Tal sind größere Verleger, vielleicht auch weitblickendere!
Violin hätte ich gerne noch in Wien gesehen. Wir hatten, als ich nach der Besprechung über das Beispiel aus der „Appassionata“ {7} mit ihm nach Hause ging, verabredet, wieder einmal zusammenzukommen. Dazwischen lag nun mein Umzug und der seine. Als ich seine neue Adresse durch Sie erfahren, hatte ich ihm geschrieben. Leider kam meine Einladung zu spät, seiner Abreise wegen sagte er mir ab. Hoffentlich geht es ihm und den seinen in Payerbach gut, sie brauchten ja {8} die Erholung dringend.
In Vent sind die Berge immer gleich schön. Wie traurig, daß sich sonst so viel verändert hat! Ich lese hier eifrig im „Freien Satz“ und fühle mich hiebei in die vergangenen schönen Zeiten zurückversetzt.
Es würde mich freuen, bald wieder von Ihnen zu hören.
Alles herzliche von
Ihrer sehr ergebenen
[ sign’d: ] Angi Elias
© In the public domain.
© Transcription Michaela Rejack 2006.