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from Cube Archives

May 29, 1925

OJ 9/34, [1] : 1-21-25

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated January 21, 1925

[Letterhead of father’s architectural firm1]

[den] 21. I. 1925.

Lieber Meister!

Es haben sich hier malheureuse Dinge ereignet. Ich möchte Ihnen heute schon davon schreiben, obwohl ich noch ganz unter dem Druck der Ereignisse stehe, und mein Kopf mir nicht weniger verrückt ist, als dem armen Gretchen bei Schubert.2 Das Schicksal, wie so oft in der Gestalt einer weidlich bekannten, verlogenen und demoralisierten Gesellschaftsklasse, hat meinem Vater einen schlimmen Stoss versetzt. Er stand direct vor seiner Weiderheiratung mit einem Mädchen von ausserordentlichen Qualitäten, die[sic] wie keine andere geeignet gewesen wäre, dem einsam gewordenen als lieber Kamerad zur Seite zu stehen. Ich lernte die junge Dame kennen und schätzen, und freute mich an dem Glück und der Zufriedenheit der beiden, bis gestern eine Katastrophe eintrat. Die obengenannte Gesellschaft wiedersetzte[sic] sich der Verbindung, und – – drohte mit Boykott.

Was dies letztere für einen Geschäftsmann bedeutet, wissen Sie! Und alles, weil das Mädchen, das über jeden Tadel erhoben ist, trotzdem sie nicht den obersten Kreisen entstammt, sich ihr Brot bisher als Solotänzerin an einer grossen Rheinischen Opernbühne verdient hat, wie es {2} heute viele Mädchen mit der Schreibmaschine, oder den Nadel tun müssen. Und der Chef des Hauses von Cube darf keine “Tänzerin” heiraten, weil das den alten verkalkten Geheimratsgattinnen nicht passt. Man würde ihn verhungern lassen. Also – – – Trennung! Ich kann nicht wiedergeben, in welchem Zustand mein Vater sich befindet. Sicher wird er mit der Zeit ruhiger werde, vielleicht sogar vergessen. Aber Sie werden verstehen, wenn ich Sie bitte darüber hinwegzusehen, wenn ich den kurz gedachten Urlaub so lange ausdehne. Ich kann meinen Vater jetzt nicht allein lassen. Es mag immerhin in den Februar hinein dauren, bis ich wieder nach Wien fahre. Ich arbeite halt hier weiter an Brahms.3 Und die Dollars – – die muss ich jetzt halt doch schicken.

Das sind wunderliche Dinge, die einem passieren können. Hätte nicht gedacht, dass es so schlechte Menschen gibt.

Ich freue mich sehr, Sie wieder zu sehen. Bis dahin viele Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin von mir, und meinem Vater.

Ihr
[ sign’d: ] Cube.

© Heirs of the Felix-Eberhard von Cube, published with kind permission.
© Transcription William Drabkin, 2006.

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August 14, 1926

OJ 9/34, [2] : 8-14-26

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated August 14, 1926

“Hennenhof”, den 14.VIII.26.

Sehr verehrter Meister!

Meine Bitten und Vorstellungen meinem Vater gegenüber haben bisher keinerlei Erfolg gezeitigt.1 Es liegt dies meiner Meinung nach weniger an mangelndem guten Willen, als an seiner derzeitigen Nervosität, die ihn an falschen Orten geizen lässt. Da er aber faktisch im Stande ist, Ihre Forderungen zu erfüllen, und die Dringlichkeit derselben sich nur nicht plausibel machen lässt, möchte ich Sie bitten, sich einmal selbst in bestimmendem Tone an ihm zu wenden, worauf der Erfolg meines Erachtens nach nicht länger ausbleiben kann! –

Sie können sich vorstellen, wie unendlich peinlich mir das alles ist, zumal ich es derzeit nicht wagen kann, zwischen meinem Vater und mir bestehende Meinungsdifferenzen auf die Spitze zu treiben, denn die Gefahr einer Entfremdung besteht nun einmal seit seiner Verheiratung, obgleich ich mich mit meiner kleinen Stiefmutter wie mit einer Schwester verstehe, und sie mir auch in der gegenwärtigen Angelegenheit zu helfen sucht, so gut es ihr ihre neunzehn Jahre eingeben. –

Darf ich Sie also nochmals ersuchen, meine Bemühungen um eine galante Auflösung dieser Dissonanz durch ein Schreiben an meinen Vater zu unterstützen. –

Mit meinem “Fach” habe ich auch einige Last. Hier sehe ich mich vollends auch mich selbst gestellt. Die hartnäckige Sparsamkeit, die Nervosität und der Zeitmangel meines Vaters lähmen und verzögern viele meiner Unternehmungen; immerhin habe ich in diesen Dingen manches durch resolutes Auftreten meiner “kleinen Mama” erreicht. Ich brauche Bewegungsfreiheit, und die {2} kostet Geld, und solches ist aus dem guten Papa derzeit schwerer herauszuholen, denn die Urlinie aus einem Werk von Strawinsky.2

Hoffentlich kann ich Ihnen bald etwas Positives bezüglich meiner musikalischen Anstrengungen mitteilen, und sei es auch nur auf einem Gebiet wie Tanz oder Revue. Ich probiere eben alles. –

Neuestens habe ich Fühlung mit Düsseldorfer Künstlerkreisen durch die erste Frau meines Onkels Carl Sternheim3 Leute auf dem Lande. Vor September ist gesellschaftlich nicht viel los. –

Einstweilen also viele herzliche Grüsse Ihnen und Ihrer Frau, und seien Sie wegen der Dissonanz um Gottes Willen nicht gram

Ihrem
[ sign’d: ] Felix v. Cube.

© Heirs of the Felix-Eberhard von Cube, published with kind permission.
© Transcription William Drabkin, 2006.

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November 25, 1926

OJ 9/34, [3] : 11-25-26

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated November 25, 1926

Kaiserswerth-Bockum, Rhld.
Villa Dahlmann.
25.XI.26

Sehr verehrter Meister!

Zunächst eine freundliche Nachricht: Der Restbetrag von meines Vaters Verpflichtungen an Sie wird nun endlich an Sie abgehen. Es hat mich nicht geringe Mühe gekostet! – einerlei, wir wollen nicht mehr daran denken, zu viel Schönes möchte sonst getrübt werden. –

Zweitens habe ich etwas auf dem Herzen, einem in letzter Zeit etwas geplagten Herzen!

Vielleicht kennen Sie die neue Verordnung in Deutschland! – Drosselverordnung nennen sie die Musiker! – wonach man zur Ausübung seines Berufes eine staatliche Anerkennung haben muss. Mit dieser Sache machen mir jetzt die Conservatoriumsbonzen1 das Herz schwer. Oh! – heiliger Bürokratius, das Zeitalter der kurzen Haare hat es nicht vermocht[,] den Beamtenzopf zu “fällen”.

Um diese Anerkennung habe ich mich beim Provinzial-Schulkollegium beworben, und zwar auf Grund eines guten Kilogramms Papier, enthaltend wohlgesetzten Contrapunkt, Generalbass, Lebenslauf, eine Sonate mit unvollendetem 4[.] Satz (den 3. habe ich inzwischen geschafft), Auszüge aus Ihren Büchern, Urlinien, Leumundszeugnis, Impfschein, Geburtsurkunde, Bauchumfang und Handschuhnummer.2

Noch eines fehlt aber, um das ich Sie hiermit dringend bitten möchte: Wollen Sie so gut sein, und mir eine Art Zeugnis ausstellen, enthaltend Angaben über Art und Weise, Intensität und Erfolg meiner Tätigkeit bei Ihnen, und geeignet, freundliche Gefühle im ver- {2} zopften Collegium zu erwecken? Ich wäre Ihnen sehr, sehr dankbar dafür! Nur müsste es am besten – rekommendiert Express! – postwendend an den Herrn

Oberschulrat Sallmann.
Provinzial-Schul-Collegium,
Abteilung für Schulmusik
Koblenz, Rheinland

abgehen, damit es am 29. ds. spätestens dort ist, da die Konferenz bereits am 2. Dezember stattfindet. Entschuldigen Sie bitte das Tempo, ich habe es selbst so spät erfahren. Teilen Sie mir bitte Ihre Portoauslagen zur Rückerstattung mit!

Nebstbei habe ich einen “Auftrag” für 10–12 moderne Tänze für eine Revue oder so. Das wird was einbringen! –

Privat habe ich erst eine Schülerin. Das werden auch noch mehr werden.

Mein Radio verbindet mich weiterhin mit Wien. Erst gestern “genoss” ich Freund Tautenhayn.3 Das Glasharmonikaquintett von Mozart ist ja reizend!

Für heute also nur dieses, und besten Dank im Voraus für Ihre Bemühung!

Mit besten Grüssen an Sie und Ihre Frau Gemahlin
bin ich
Ihr
[ sign’d: ] Cube.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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December 14, 1926

OJ 9/34, [4] 12-14-26

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated December 14, 1926

Kaiserswerth-Bockum, Rhld.
Villa Dahlmann.
14.XII.26.

Sehr verehrter Meister!

Haben Sie vielen Dank für Ihre Bemühungen in meiner Conservatoriums-Sache.1 Die Anerkennung habe ich zwar nicht erhalten, indessen werde ich doch vermutlich angestellt werden, unter der Bedingung einer abzulegenden Prüfung. Diese wird von den mir schon bekannten Herren abgehalten, ist also nur eine Formalität. Ausschlaggebend war, dass Dr. Sallmann ein Jugendfreund meines Vaters ist, was wir allerdings nicht wussten. Bei der Prüfung wird Rücksicht auf die verschiedenen “Methoden” genommen, und auch meine Tätigkeit im Conservatorium wird speziel Ihre Theorie, die Urlinie! und Klaverspiel umfassen. Samstag halte ich den Direktoren der Anstalt Vortrag über diese Dinge, eine Art Vorprüfung, denn die Herren gehören gleichfalls zum Prüfungsausschuss.

Die stattliche “Anerkennung” wird nur an ältere Herren verliehen, die man nicht gut mit einer Prüfung belästigen kann. (Wäre es nicht trotzdem manchmal angebracht?)

Ich werde Ihnen fortlaufend über den Stand der Dinge berichten, und bin mit nochmaligem Dank und den besten Weihnachtswünchen Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin.

Ihr
[ sign’d: ] Cube.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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December 31, 1926

OJ 9/34, [5] : 12-31-26

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated December 31, 1926

Duisburg./Rhld.
Düsseldorferstraße 1./II.
31.XII.26.

Sehr verehrter Meister!

Verzeihen Sie bitte, wenn ich Sie trotz gelösten Unterrichtsverhältnisses um etwas frage! Bin ich bei beiliegender Urlinie irregegangen, oder nicht?1 Eigentlich glaube ich es kaum, möchte doch aber ganz sicher gehen! Ich war erst geneigt anzunehmen, die Urlinie bewege sich im Terzraum, jedoch bei näherem Lauschen und Schauen mehrten sich die Anzeichen, dass sie sich im Quintraum bewege. Es passte auch alles in diesen Rahmen.

Vom Conservatorium werde ich nach Neujahr hören.

Für heute die besten Wünsche fürs neue Jahr und herzliche Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin.

von
Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

P.S. Bitte senden Sie mir das Blatt zurück.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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January 24, 1927

OJ 9/34, [6] : 1-24-27

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated January 24, 1927

Duisburg, Rhld.
Mühlheimerstr. 141/II.
24.I.27.

Sehr verehrter Meister!

Besten Dank für Brief und Korrekturen!1 Natürlich die Sept! Wie konnte ich das wieder überhören. Ob mich die Kürze des Stückes verleitet hat? Bis jetzt habe ich es immer nur soweit gebracht, nur auf diesem Felde ehrenvolle Blessuren zu holen. Wann werde ich es einmal zu einem bescheidenen Lorbeerblättchen bringen?

Am Conservatorium bin ich angestellt. Das Lehrerexamen mach ich im Mai nach. Zur Prüfungskommission gehören drei mir bekannte Herren. Damit wird es keine Not weiter haben. Eine meiner Schülerinnen – Seminaristin – ist erfreulich begabt. Alles andere – – “Holzwolle”. Donnerstag spiele ich im öffentlichen Conservatoriumskonzert Bach, Chopin und Schubert.

Nebenbei lasse ich mich in Schulen und Gymnasien “aushängen” und versuche alles was Bezug auf unsern Beruf hat. Vielleicht werde ich demnächst auch Kritiker an einer Zeitung.

Alles von Wichtigkeit sollen Sie sofort erfahren. Einstweilen herzlichste Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin

von
Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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February 7, 1927

OJ 9/34, [7] : 2-7-27

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated February 7 1927

Duisburg, den 7.II.27.

Sehr verehrter Meister!

Vielen Dank für die Karte!1 Inzwischen hat mein Debut stattgefunden, anbei die Kritik aus der führenden Zeitung. Im Anschluss habe ich wieder zwei neue Schüler bekommen. Das Geschäft fängt an zu gehen. Im Oktober bekomme ich wahrscheinlich eine Ausbildungsklasse2; Theorie gebe ich auch schon. Die Haltung der “Direktion” wird immer leutseliger – – man bewegt, und bleibt doch selber unbewegt.

Ich habe jetzt alle Ihre Schriften und Ausgaben; im “Jahrbuch” gab es gute alte Bekannte!3

Für heute herzliche Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin

von Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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May 28, 1927

OJ 9/34, [8] : 5-28-27

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated May 28, 1927

Duisburg./Rhld.
Mülheimerstr. 141/II.
28.V.27.

Sehr verehrter Meister!

Das Staatsexamen ist bestanden.1 Die Herren am grünen Tisch haben mich mit einem “genügend” vor der Welt diskreditiert, und sich damit ein nicht unbeträchtliches Armutszeugnis ausgestellt.

Das Gesamtergebnis war kläglich: Von dreissig Kandidaten (davon fünfundzwanzig Kandidatinnen) sind elf unterwegs ausgeschieden, sechs durchgefallen, fünf mit “gut” bedacht worden, (dieses[sic] „Seminaristinnen”, von ihren Lehrern auf alle „Fragen” wohl vorbereitet!) und mit dem genügenden Rest soll ich mich auf eine Stufe gestellt fühlen? Ich finde das sehr humorvoll!

Doch fürchte ich, dass ich bei den Professoren lähmendes Befremden dadurch ausgelöst habe, dass ich in vielen Punkten, wo erstere nur keine oder “die” Antwort erwarteten, mir erlaubt habe, gänzlich anderer Meinung zu sein. {2} Solches ist Staatsverbrechen und Anarchie gegen die Majestät Richters2 und Riemanns3 und verstösst gegen die Institution des Kollektivwissens. Man hat mich also – da man mich als Ihren Schüler nicht wohl durchfallen lassen konnte – mit dem “genügend” bestraft. Angeblich, weil ich bei der Lehrprobe, zu der man mir ein neunjähriges Kind stellte, versagt hätte! Doch bin ich hierin auch anderer Meinung. Ich lehre aus meinem Wissen und Herzen, und nicht nach den staatlichen Normalvorschriften für Kretine. –

Das Zeugnis mit den Einzelwertungen ist noch nicht an mich gelangt; sobald es kommt, werde ich Ihnen meine Noten in den einzelnen Fächern mitteilen. –

Die ganze Handhabung der Prüfung ist von vorne bis hinten verfehlt. Ein Mensch mit Gewissen muss sich sagen, dass bei einer derartigen Examination das positive Können eines Musikers nicht einwandfrei festgestellt werden kann. Es fing an mit einer schriftlichen Arbeit: “Wie sind die produktiven Kräfte des Kindes im Unterricht anzuregen und zu verwerten”. Dann kam “Gehörbildung”. Sie {3} bestand im Wesentlichen im Nachschreiben atonaler, zusammenhangloser Tonfolgen und –Sprünge, sowie kleiner mehrstimmiger Sätze von 2–3 Takten. Dann “Theorie”, d.h. je ein Generalbässchen mit und ohne Oberstimme. Die praktische Prüfung bestand aus Vorspielen, analysieren (die Gesichter hätten Sie sehen sollen!), Ausführung blödsinniger Stufenfolgen, (letzteres besorgte ich in einer freien Phantasie, und alles war begeistert, und kein Schwein hat gemerkt, dass ich ganz andere Stufen durchlief – – was ich mich gefreut habe!) sowie aus der Unterrichtsprobe. Da kam ein winziges Kind mit sehr erschreckten Augen, und dem, das vor lauter Verlegenheit nicht aufzusehen wagte, sollte ich – ausgerechnet – “den” Dominantseptakkord “erklären”, obwohl das Kind kaum eine Ahnung von Dur und Moll hatte.4 Als man einsah, dass es nicht ging, musste ich “Vorder[ - ] und Nachsatz” lehren. Das gelang mit zärtlicher Überredung und vielen Vergleichen. Zum Schluss war ich ausserordenlich erbittert über diese idiotischen Massnahmen, und gegen die Herren nicht eben sehr freundlich. Ich werde alle meine Kräfte mobil machen, um, gegen diesen neuesten Auswuchs echt demokratischer Geistesunterjochung, im Sinne echten und freien Künstlertums energischst aufzutreten. {4} Aber wer ist sicher, dass er in diesem Sodom auch nur zehn Gerechte fände? –

Einliegend sende ich Ihnen ein interssantes Streiflicht von der Genfer Konferenz, das bezeigt, daß es doch noch Männer unter uns giebt, auf die man Hoffnungen setzen darf. (Freiherr v. Siemens).5 Aber es sind ihrer zu wenige. –

Demnächst wird mein Kolleg für Theorie im Konservatorium eröffnet. Meine Klaviersonate6 ist nahezu vollendet. Im September gedenke ich folgende Kompositionen aufführen zu lassen:

Thema mit Veränderungen, op. 1
Bagatelle, [/] Praeludium, [/] Tarantella, op. 2
Sonate As-Dur: Allegro, Scherzo, Adagio, Rondo, op.3.6

Mit Freude unterziehe ich mich allen Mühen und meine gute Lebenslaune verlässt mich nie, aber das Hochkommen geht halt schwer und langsam. –

Zum Schluss: Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich Sie in diesem Jahre noch besuche!7

Für diesmal Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin herzlichste Grüsse von

Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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October 29, 1927

OJ 9/34 [9] : 10-29-27

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated October 29, 1927

Duisburg, Rhld.
Pulverweg 41.
29. X. 27.

Sehr verehrter Meister!

Schon lange soll dieser Brief geschrieben worden sein. Indes geriet ich in die Gewalt des mit Recht sehr unbeliebten Trypanosomus communis canensis, oder des hundsgemeinen Grippenbazillus,1 und hatte während vier Wochen ausreichende Gelegenheit über die Einwirkungen obbesagten Mikroorganismus auf den menschlichen Körper tiefgehende Betrachtungen anzustellen. Jetzt bin ich ja soweit wieder im Schwung, und vermag meinen Geschäften nachzugehen, aber noch vor zehn Tagen vermeinte ich, teils aus Gummi, teils aus noch nachgiebigeren Substanzen zu bestehen. –

Trotzallemdiesem hat sich in der Zwischenzeit mancherlei ereignet. Gleich {2} zwei Theorieklassen auf einmal sind mir anvertraut worden, und vielleicht kommt bald eine dritte dazu. Abgesehen von der künstlerischen Befriedigung, die mir dieses neue Betätigungsfeld gewährt, werden die Stunden höchst angenehmerweise mit R. M. 6.– honoriert, und bedeuten somit eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle. Ich fange ganz klein an, mit Harmonie, Formenlehre, Gehörbildung und “Orthographie” – alles schöne Namen, hinter denen sich nichts anderes verbergen wird, als jene Dinge, die Ihnen und Ihren Schülern am Herzen liegen, aber die Herren Professores2 wollen “Lehrpläne” sehen; gut, so macht man halt welche! Selbstverständlich wird Ihre Theorie ausdrücklich gelehrt. Diejenigen Schüler, die nach abgelaufenem Semester {3} ausreichende Begabung zeigen, kommen in eine Fortbildungsklasse, und lernen dort die Lehre von der Stufe in Verbindung mit der Urlinie, sowie Contrapunkt etc. Von meinen Klavierschülern erhalten zwei bereits Unterweisung in der Urlinie (die andern eignen sich noch nicht dafür), und eine Schülerin davon liest bereits sehr hübsch allerhand Züge. Die beiden sind leider im Seminar des Direktors, und meinem allgemeinen Theorieunterricht dadurch entzogen. Traurigerweise ist es infolge der blödsinnigen Schulamtsbestimmungen und des zusammengewürfelten Schülermaterials im Augenblick nicht möglich eine einheitliche Schenkerklasse aufzustellen, doch werde ich dieses Ziel sicher erreichen, sobald ich einen Stamm von Schülern erst mal zum Verständnis dieser Dinge halbwegs {4} erzogen habe. Abwarten und Aufbauen; hier lerne ich geduldig sein, und dazu eine kamelhafte Ausdauer enwickeln. –

An Privatschülern habe ich bis jetzt zwei, und ich zweifle nicht, dass es bald mehr werden. Diese machen mir mehr Freude, und ich unterrichte sie genau in der Art, wie ich es selbst gelernt habe, mit Fingersätzen und Vortragsbezeichnung. Man zahlt mir ohne Weiters 10 Mark für die Stunde. –

Auch das Componieren geht weiter. Eine zweite Sonate, die schon besser wird, als die erste, ist in Arbeit; der erste Satz fertig, sonst Skizzen. Die Vorige wird im Januar hier aufgeführt, von einem recht guten, und vor allen Dingen bekannten und beliebten Klavieronkel. –

Dem Reichsverband deutscher Tonkünstler und Musiklehrer3 bin {5} ich auch beigetreten, nehme an seinen Versammlungen und Diskussionen teil, und will demnächst einen Vortrag über Sie und Ihr Werk halten, Ihr Einverständnis natürlich vorausgestzt. Auch für die Zeitschrift des Verbandes denke ich zu schreiben. –

Im Konservatorium habe ich die Ausgabenfrage mit unerwartetem Erfolg angeschnitten. Es soll Einheitlichkeit in der Verwendung guter Ausgaben angestrebt werden. Eine von Scharwenka4 bewirkte schweinische Mendelssohnbearbeitung liegt derzeit (nebst Faksimile zum Vergleich) zur allgemeinen Abschreckung im Sekretariat zur Einsicht auf. –

Beiliegend erhalten Sie zwei Vergrösserungen der in Galtür gemachten5 {6} Porträtaufnahmen, sowie eine Anzahl Postkarten, falls Sie Vrieslandern und anderen Ihr neuester Konterfei etwan [sic] zukommen lassen möchten. –

Ich glaube Sie wissen noch nicht, dass mein Papi einen kleinen Sohn hat.6 Er ist furchtbar niedlich, und die Sensation von Duisburg. Die kleine Mama ist sehr charmant, und meine Erfahrung in Stiefmüttern die denkbar beste! –

Mein neues Radio macht mir viel Freude. Ich höre viel gutes, bereichere meine Kenntnis in Kammermusik und Sinfonie, auch von den ganz alten und zum Teil ausgefallenen Helden wie Dittersdorf und Stamitz, und ausserdem lerne ich eine Menge “Moderne” kennen, wie Milhaud, Honegger, Krenek, etc. Prokofieff und Scriabine kommen mir noch am {7} wenigsten meschugge vor.7 Ein englischer Componist, Coleridge-Taylor gefällt mir sogar!8

A propos England! Professor J. P. Dunn hat mir, zusamt einem sehr netten Brief, seine Übersetzung geschickt!9 Ich habe mich sehr bedankt – mehr konnte ich nicht tun. Ich kam mir jedenfalls richtig beschenkt vor. –

Die Adaptierung Dunns für den “Klassengebrauch” kommt mir – unter uns – gelungener vor, als Vrieslanders;10 sie ist vertiefter und mehr als eine blosse Zusammenfassung des Wesentlichen. Trotzalledem verwende ich ich im Unterricht doch die Originale von Ihnen selbst. Es ist bei jedem Schüler verschieden, was {8} man ich zumuten kann, und was man eventuell weglässt. –

Und nun genug für heute! Recht viele und herzliche Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin von

Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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January 30, 1928

OJ 9/34 [10] : 1-30-28

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated January 30, 1928

[letterhead:] FELIX E. VON CUBE
[handwritten:]
Duisburg, Rhld.
Pulverweg 41.
30. I. 28.

Sehr verehrter Meister!

Allmählich, langsam, aber umso sicherer fassen meine hier ausgeworfenen Anker recht festen Grund. Die dritte Theorieklasse wird wohl im Laufe des Februar akut werden. Die bisherigen beiden sind bis zu den Mischungsreihen vorgedrungen.1 Wir arbeiten langsam, ohne Hast und gründlich, gründlich! –

Die Aufführung meiner Sonate ist aus Carnevalsgründen verschoben worden. Mutmasslicher Termin ist also nach Aschenmittwoch. Es sollen noch Scriabine und ein zweiter {2} Duisburger Componist – Paul Strüve – zu Gehör kommen. Ich bin bestrebt[,] den Scriabine zugunsten meiner Variationen, der Tarantelle und etzlicher Praeludien abzusetzen. –

Die Zahl meiner Privatschüler ist auf drei angewachsen. Damit beläuft sich mein Gesamtverdienst in Schillingen ausgedrückt bereits auf 380.– Nicht zu verachten! –

Kürzlich spielte ich auf einem gut gelungenen Winterfest in Anwesenheit von vierhundert Geladenen mit viel Erfolg Scarlatti, Brahms und Sachen von mir. Sowas ist beste Reklame. –

Mein Vortrag ist auf dem 3. März {3} anberaumt;2 das Manuskript bekommen Sie darnach, wie gewünscht, zugesandt. Um einem dringenden Bedürfnis abzuhelfen, wurde ich bei der letzten diesjährigen Generalversammlung der Ortsgruppe des “Reichverbandes”3 als Beisitzer in den Vorsstand gewählt. Dies ist die erste Stufe zu meinem Ziel: “Fachberater” im Kultusministerium. –

Anlässlich Ihres Geburtstages in diesem Jahre habe ich mit den grössten Buchhandlungen in Duisburg und Essen Verhandlungen zwecks einer Kollektivausstellung Ihrer Werke introduziert.4 Wird es möglich sein, dass wir hierzu zwei der Hammer-Radierungen5 von dem betreffenden Wiener Kunstverlag zur Verfügung gestellt bekommen? –

{4} Von Herrn Hobokens Aufruf6 habe ich bisher nichts vernommen (wohl aber einen sehr “lieben” Brief von Freund Otto Vrieslander7 erhalten), doch möchte ich gerne erfahren, wieweit die Unternehmung geschehen ist. –

Ansonsten lebe ich friedlich und consequent meine “Züge” weiter, (die “Urlinie” steht nur dem Meister zu),8 erfreue mich der Zuneigung guter Menschen, und – – esse sehr viel! –

Für diesmal recht herzliche Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin

von Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

Von Frankfurt derzeit nichts Neues. –

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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April 24, 1928

OJ 9/34 [11] : 4-24-28

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated April 24, 1928

[letterhead:] FELIX E. VON CUBE
Duisburg./ Rhld.
Pulverweg 41.
24.IV.28.

Sehr verehrter Meister!

Auch dieser Winter wäre überstanden, und es will Frühling werden. Freilich einer, der sich mit dem Wienerischen nicht messen kann. Im Schatten der Hochöfen gedeihen keine Mandelbäumschen, und wo die Dampfhämmer poltern, da schweigen alle zarteren Töne. Aber wenn man ein bissel weiter geht, findet man auch hier ein paar schöne Plätzchen allwo man immer Beschaulichkeit pflegen kann. –

Der Kampf ums Dasein ist doch keine leere Phrase! Die lieben Kollegen merken langsam, dass ich nicht bloss gekommen bin, um ihnen guten Tag zu sagen. So greifen sie zu bewährten Mittelchen, und machen mir die Arbeit sauer wo sie können. Nimmt man noch die schlechte Wirtschaftslage dazu, so ergiebt sich gerade kein sonderlich rosiges Bild. Ich habe Schüler verloren, und bin wieder soweit wie vor einem halben Jahr. Nun – es wird schon wieder besser werden. –

Meine Sonate ist natürlich nicht gespielt worden. Mann soll sich doch lieber nur auf sich selbst {2} verlassen! Die zweite nähert sich ihrer Vollendung. Ich glaube, dass sie recht gut ist; dann werde ich beide im November einfach selbst spielen. Schluss. –

Angefangen haben die Kabalen nach meinem Vortrag. (Das Material ist zur Zeit noch in Düsseldorf, aber so bald ich es zurückbekomme, will ich es Ihnen schicken; es sind mehrere selbstverfertigte Analysen dabei.) Ich hatte eine audience von 50 Personen, darunter viele hiesige Lehrer, und eine Reihe Seminarschüler. An einer grossen Tafel habe ich über anderthalb Stunden mit farbigen Kreiden demonstriert. Erfolg: Dämmernde Erkenntnis benebst grosser Begeisterung bei der überwiegenden Minderheit,1 im anderen Lager mitleidiges Lächeln der in pädagogischen Ehren ergrauten Jochochsen; der Hauch aus dem Genieland hatte sie nicht erreicht. –

Ja, und erst die “Ausgabenfrage”! Du lieber Gott, da hatte ich schön ins Wespennest gestochen! Der ganze bissige Schwarm ist über mich hergefallen. Als Antwort habe ich meine “Tabelle der besten Ausgaben” im Theorielehrsaal angepickt, wie weiland Luther seine Thesen.2 Der Bahöl3 geht also weiter. –

Ein gutes hat die ganze Sache gehabt, und vielleicht kann ich das gute daraus machen: {3} Die Direktion konnte nicht umhin, die Diskussion aufzunehmen; und so soll ich demnächst im Seminar über Urlinie und Ausgaben. Hoffentlich überlegt es sich der “Chef” nicht wieder.

Die Buchhandlungen Scheuermann in Duisburg und Schmemann in Essen machen also im Juni eine Sonder-Schaufensterausstellung.4 Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn sie mir zwei Hammer-Radierungen vermitteln würden.5 Möglicherweise könnten sie ja sogar hier verkauft werden. Wir stellen Ihre sämtlichen Sachen aus. (Der “freie Satz[”] wird wohl noch nicht soweit sein?)

Gleichzeitig wäre es günstig, wenn wir schon ein paar Autographen mit publik machen könnten. Ist schon was fertig? Ich wollte mich schon an Hoboken6 selbst wenden, indes habe ich keine Adresse von ihm. (Ist es wahr[,] wieder geschieden sein soll?)

Dann verfasse ich einen saftigen Zeitungsartikel7 – kurz, es wird eine richtige Campagne gemacht, ich freue mich schon!

{4} Wie stehts mit Dr. Weisses Zeitschrift?8 Haben Sie Vrieslanders Artikel in der Tonkünstlerzeitung gelesen?9

Mit herzlichen Grüssen
Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin
Ihr [ sign’d: ] Cube.

PS: Mein Fünfröhren-Rundfunk Ohr reicht auch
bis Wien, das allerdings oft schlechter zu hören
ist, als Madrid oder Petersburg.10

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May 24, 1928

OJ 9/34 [12] : 5-24-28

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated May 24, 1928

[letterhead] FELIX E. VON CUBE
Duisburg./ Rhld.
Pulverweg 41.
24. V. 28.

Sehr verehrter Meister!

Die Hammer-Radierungen1 sind angekommen, und befinden sich bereits unter Glas und Rahmen, um ihrem Zwecke zugeführt zu werden.

Dass ich eine davon behalten darf, ist eine der seltensten Freuden meines Lebens, und fügt meinen grossen Dankbarkeiten gegen Sie eine neue, nicht weinger schöne und tiefe hinzu!

Meinen Vortrag werde ich nun auch im Konservatorium der Stadt Düsseldorf, vor einem voraussichtlich recht zahlreichen auditorium halten. Ich musste ihn ein wenig ändern, da ich eine Dosis geistige Regsamkeit zuviel bei den Zuhörern vorausgesetzt hatte.

Meine Tätigkeit am hiesigen Konservatorium nimmt zu. Als unmittelbare Folge meines Theorie- {2} unterrichtes habe ich als neue Schüler einige “Überläufer” zu verzeichnen, ein Umstand, der nicht angetan ist, die Sympathien der also geschädigten lieben Kollegen zu gewinnen.

End Juni spreche ich einen ganzen Vormittag lang vor der gesamten Seminarschüler- und Lehrerschaft von Ihren Theorien, der Urlinie und der wahren Art das Klavier zu spielen.2

Die Buchhandlung Scheuermann macht die Ausstellung3 gleich nach einem hier stattfindenden “Regerfest”, solange die Gemüter noch musikalisch erregt sind. Die Firma hat nach Wien an das Archiv der Nationalbibliothek geschrieben, aber keinerlei Antwort erhalten. Ich würde sehr gerne wissen, ob wir damit rechnen können, bereits einige Handschriftenabzüge der Musikerschaft Duisburgs zugänglich machen zu können. Interesse und Erwartung sind genugsam vorhanden. Der Aufruf Hobokens4 hat seine Wirkung nicht verfehlt.

Der dritte Satz (der letzte) meiner zweiten Sonate ist in Arbeit; beide Sonaten beteiligen sich im Winter am Komponisten-Wettbewerb. –

Für heute die besten Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin

von Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

© Heirs of the Felix-Eberhard von Cube, published with kind permission.
© Transcription William Drabkin, 2006.

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July 6, 1928

OJ 9/34 [13] : 7-6-28

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated July 6, 1928

[letterhead:] FELIX E. VON CUBE
Duisburg./ Rhld.
Pulverweg 41.
6.VII.28.

Sehr verehrter Meister!

Sicher war es unrecht von mir, solange mit Nachrichten zu zögern, indes lag in meiner Absicht, erst alle Auswirkungen der Sache abzuwarten, um einen umso vollständigeren Bericht abzufassen. Hier ist er:

Die Ausstellung lief gegen 14 Tage bei der besagten Buchhandlung Scheuermann.1 Bis auf den “Tonwillen” war alles von Ihnen mehrfach vertreten. In einem der grossen Schaufenster stand die Hammer-Radierung, umgeben von Büchern und Notenausgaben. (Die Nieloff-Tabelle fungierte zwei Tage als Gobelin2). Ausserdem waren ständig einige Photogramme ausgestellt. Bei Chopin op.54, und Beethoven op.27/2 legten wir gute und schlechte Ausgaben zum Vergleich dazu.

Mein biographischer Artikel erschien in Duisburgs gelesenster Zeitung.3 Einige andere haben ihn ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Dieser Artikel war mein erste Versuch dieser Art. Ich habe mich bemüht, das Richtige zu treffen. Hoffentlich findet er Ihre Billigung. Abzüge habe ich an mehrere “prominente” Leute geschickt, so auch an Damrosch4 {2} und J. P. Dunn.5 Zwei Rückäusserungen lege ich Ihne bei, mit der Bitte, sie mir wieder zugehen [recte: zu geben] zu lassen. Köln werde ich allen Ernstes bearbeiten. Möglicherweise kann für mich was Gutes daraus entstehen. –

Von der Ausstellung wird hier viel gesprochen. Es ist auch einiges verkauft worden. Meistens “Theorien” und Beethoven Sonaten. Die Stadtbibliothek hat für ihre Musikabteilung vorläufig die 9. u. 5. Sinfonie, den “Beitrag”, die Sonaten, und die Jahrbücher angeschafft. Weiteres wird folgen. Der Direktor der Bücherei, Dr. Sallenthin, hat übrigens schöne Erstausgaben aus der Zeit von Haydn, Mozart und anderen. Auch die “zweyte Auflage” vom “Versuch”, leider ohne die Probestücke. Da diese meistens fehlen, möchte ich anregen, diese Beilage zum “Versuch” in die Archivbestände6 aufzunehmen. Viele Bibliotheken würden sie wohl anschaffen. Besser in Faksimile, als garnicht. –

Als letzte Auswirkung vor den Ferien spreche ich im Seminar einen ganzen Vormittag über Ihre Theorien, über die Urlinie mit vielen Beispielen, und über die Ausgabenfrage. Die Zahl der Überzeugten ist noch gering, aber verlässlich – das liegt in der Natur der Sache. Am nächsten Dienstag werde ich dann wohl wieder etliche Seminaristen bekehren. –

In Düsseldorf war ich eingeladen[,] Vortrag zu halten. Es erschienen 10 Zuhörer.7 Da habe ich den Vortrag verschoben. Dem Veranstalter war es peinlich, aber er {3} versprach mir fürs nächstemal ein zahlreiches auditorium.

Hier ist ein grosser Komponistenwettbewerb ausgeschrieben, an dem ich mich mit zwei Sonaten beteiligen werde. An der zweiten fehlt noch einiges am letzten Satz, doch das wird wohl bis Oktober zum Ablieferungstermin fertig sein. –

Die zweite Radierung8 ist nicht benützt worden. Ich konnte mich der Essener Buchhandlung nicht genügend widmen. Soll ich sie Ihnen nach Galtür schicken, oder wünschen Sie eine andere Adresse? –

Ob ich diesen Sommer kommen kann ist mehr als fraglich. Es “kriselt” mal wieder in der Wirtschaft, was zur Folge hat, dass mir die Schüler in Scharen weglaufen. Aber sie werden schon wieder kommen. Ich werde aus Prinzip nicht billiger. Mein Tarif ist derzeit 10. Mark. –

Ich sende Ihnen also umso herzlichere Gedanken und Wünsche nach Galtür, und geselle mich im Geiste an Ihren Fenstertisch zu Luftbrot, Schlagobers und Riesenschnitzeln. Auch lasse ich Familie Türtscher bestens grüssen. Nicht zu vergessen den Hausdiener–Kapellmeister, und das zuckerlverzehrende Murmeltier.9

Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin alles Herzliche von

Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

© Heirs of the Felix-Eberhard von Cube, published with kind permission.
© Transcription William Drabkin, 2006.

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October 4, 1928

OJ 9/34 [14] : 10-4-28

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated October 4, 1928

Duisburg/Rhld.
Pulverweg 41.
4.X.28.

Sehr verehrter Meister!

Recht vielen Dank für Ihre beiden Karten.1 Die Sache in Hamburg2 ist sehr erfreulich! Diese natürlich-proportionale Ausbreitung Ihrer Lehre ist wiederum ein schöner Beweis ihrer Natur-Gültigkeit. Die Idee mit den Riesentafeln ist gut. Ich selbst pflegte in ähnlichen Fällen bisher die Stimmführungsbilder mit weisser und roter Kreide auf richtigen Notenschultafeln zu entwickeln. Das langsame Entstehen der Bilder von den Augen der Zuhörer hat, so glaube ich, auch sehr viel für sich. Zuletzt brachte ich den ersten Satz der op.27 No 2 von Beethoven, eine Chopin-Etüde, ein Präludium aus dem Wohlt. Klavier, eine Mozart-sonate und ähnliches mehr – auch direkt aus dem Stegreif.3

Die Werdener Escapade4 ist tragikomisch verlaufen. Ich musste annehmen, dass es sich um eine ernste, wissenschaftliche Zusammenkunft handle, statt dessen geriet ich in eine Versammlung halbwüchsiger Seminaristen, die hauptsächlich Volkstänze und Choralsingen exerzierten. Ein einziger Theoriefachmann hatte sich gleich mir dorthin verirrt – den habe ich noch schnell bekehrt. Als ihm die Schuppen von den Augen gefallen waren, und sein Staunen sich in heftiges Interesse gewandelt hatte, verliess ich ihn und die ganze Schulmusikwoche mit Segenswünschen, und begab mich wieder nach Hause. Der Name des jungen Mannes ist Dr. Hans Albrecht.5 Er ist Theorielehrer am Konservatorium in Essen.

Meine nächsste Aufgabe besteht in einer Reise nach Köln, die etwa in 14 Tagen fällig ist, um mit Braunfels6 über die mögliche Aufstellung einer Arbeitsgemeinschaft für Ihre Theorien zu sprechen. Das dürfte der beste Weg sein, um eines Tages unversehens in die Hochschule hineinzurutschen. Das hiesige Musik- und Konservatoriumsleben wird mehr und mehr zur Farce. Daran ändern auch die pompösen Konzerte nichts mehr. Trotz Leo Blech,7 Reichenberger,8 Schillings9 und Busch10 bilanzieren wir Minus. Der {2} Duisburger Stahl- und Kohlensklave ist veredelungsunfähig.11 Das Musikleben ein Koloss auf tönernen Füssen. Ich lamentiere nicht darüber, wie die Kollegenheit ringsum, (auch mein Einkommen hat sich um 40% verringert) aber ich suche mich mit aller Energie zu verändern – und zu verbessern. Also auf nach Köln!

Reichenberger, der meine Eltern kennen lernte, will Composition von mir lesen. Ich will ihm etliches schicken. (Schaden kann es nie). An meiner zweiten Sonate fehlt ein Stück vom letzten Satz. Es ist schwer, und will nicht recht geraten. Allzulange wird’s nicht mehr dauern. Dann kommt Kammermusik dran. Alles hübsch der Reihe nach. Wenn es so weit ist, will ich Sie um Rat bitten, wie man an die Verleger herankommt. Meine erste Sonate ist zum Componistenwettbewerb eingereicht.

Demnächst ist hier ein Schubertfest. Dazu werde ich über Aufforderung die einleitenden Worte sprechen, und mich durchaus nicht scheuen, den Phäakenseelen12 hier ein bischen die Wahrheit zu sagen.

Mein Rundfunk-Ohr ist durch einen neuen, sehr guten Lautsprecher bereichert. Radio Wien höre ich oft und gern. Immer die Sinfoniekonzerte, und die lieben Tautenhayns.13 Ausgezeichnete Musik machen die Engländer. Der Clown “Grock” stellte sich als Cellist vor.14 Weit das beste, was ich seit langem gehört habe! Die Conzerte unter Henry Wood15 sind eine Ohrenweide. Dagegen erinnert der neue Hindemith mehr und mehr an einen losgelassenen Hühnerhof.16

Die Hammer-Radierung17 geht mit gleicher Post an Sie ab. Nochmals herzlichen Dank dafür.

Für heute die besten Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin. Nach der Kölnerreise wieder mehr von

Ihrem
[ sign’d:] Cube.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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March 26, 1929

OJ 9/34, [16] : 3-26-29

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated March 26, 1929

Duisburg am 26.III.29.

[left: pen drawing, captioned: Dr. EDUARD KREUZHAGE.]
[right: pen drawing, captioned: ALFRED AHRENS.]
[signed: Cube. [/] 29.]

Sehr verehrter Meister!

Eigenartig ist, dass im Augenblick, da ich zu schreiben beginne, aus meines Vaters grossem Empfänger Händel’s “Judas” laut und rein ertönt, als sässe ich selber im grossen Musikvereinssaal in Wien. Ich {2} kann mir also einbilden, dass ich mit meinen Gedanken nicht weiter, als von der Lothringerstrasse, den Rennweg hinunter bis zu Ihnen reisen müsste.1 Dabei sitze ich in Duisburg, und die Welle zaubert mir Wien, den Musikvereinssaal und den Maccabäei direkt ins Haus. Die Technik hat doch enorme Fortschritte gemacht; die Wiedergabe mit unserem Gerät ist so vollkommen, dass es beinahe etwas unheimliches hat. –

Die beiden Karikaturen auf der ersten Seite stellen meine Komponierkollgen vor, mit denen ich letzten Freitag einen äusserst gut gelungenen Abend veranstaltet habe. Die einliegenden beiden Rezensionen (Kommentar überflussig) bedeuten einen Höhepunkt an interessierter Ausführlichkeit wie ihn sich die hiesigen Kritiker noch selten geleistet haben. Wir haben einiges Aufsehen verursacht, {3} und die Duisburger Kunstkreise mit neuem Gesprächsstoff versorgt. –

Im Mai beginnt meine zweite Vortragsserie an der Hochschule in Köln.2 Ich danke Ihnen sehr für die, mir vom “Kunstwart” übersandte Ausgabenabhandlung;3 da einer der Vorträge in Köln von diesen Dingen handeln wird, kam das Heft zu guter Zeit. Bis jetzt habe ich sechs Stimmführungsbilder erläutert. Darunter selbstgefertigte. Nun kommt als nächstes die Fuge aus Jahrbuch II. an die Reihe,4 später dann Konfrontationen “neuester” und alter Meister, wobei die Urlinie-Taubheit der Hindemiths, Jarnachs, Bartòks[sic] etc. erwiesen werden soll.5 Die erste Vortragsreihe hat ziemlich eingeschlagen. Alle, die den Mut hatten mitzuarbeiten, – es waren {4} kaum dreissig von hundert am Anfang – waren überzeugt und begeistert. Ein sehr gemütlicher Discussionsabend behob noch versteckte Zweifel.. Braunfels6 steht der Sache fördernd gegenüber. Eine Reihe Professoren hingegen opponiert und erschwert mir die Sache. Wieweit ein engerer Anschluss an Köln in Frage kommen könnte, weiss ich noch nicht. –

Darf ich mir die Kritiken gelegentlich zurückerbitten, ich habe nur noch diese beiden.

Sobald ich in Köln wieder angefangen habe, schreibe ich wieder. Für heute die besten Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin, sowie Hoboken, [7]

von
Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

[in bottom left corner:]
P.S. Albersheim8 und Hupka zu besuchen, lagen die Kurse zu unbequem,9 aber nach Ostern werde ich mit beiden schriftlich in Verbindung treten, zwecks Vereinbarung der Besuche.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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April 5, 1929

OJ 9/34 [17] : 4-5-29

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated April 5, 1929

Duisburg, den 5.IV.29.
Sehr verehrter Meister!

Für heute nur kurz die Nachricht, dass eine mir gut bekannte junge Dame, Fräulein Edith Sauerbrey,1 gestern für 3 Wochen nach Wien gefahren ist, und Ihnen dort persönlich von mir Grüsse bestellen soll. Sie ist Musikstudentin, und will auch Lehrerin werden. Leider ist sie nicht meine Schülerin, obwohl ihr dies bestimmt zum Vorteil gereichen würde. Es schien mir, als sei sie schon mal halb und halb dazu bereit gewesen, indes hat sie – so glaube ich {2} – wie die meisten “Furcht vor dem Unbekannten”. Nun, wenn sie selbst mit Ihnen gesprochen hat, kommt sie vielleicht von selber zur richtigen Erkenntnis. Ich hoffe, dass sie nicht zu ängstlich ist, Sie aufzusuchen. Bitte sagen Sie ihr doch, sie möchte mir ihre Wiener Adresse mitteilen.

Mit den besten Grüssen Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin

Ihr
[ sign’d: ] Cube.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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May 14, 1929

OJ 9/34 [18] : 5-14-29

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated May 14, 1929

Duisburg/Rhld.
Pulverweg 41.
14. V. 29.

Sehr verehrter Meister!

Als erste unmittelbare Folgeerscheinung meiner Kölner Vorlesungen wurde ich gebeten[,] eine Anfrage an Sie zu richten. Ein Herr Erich Voss,1 wohnhaft in Köln, Roonstraße 44/III. möchte ab Oktober zum Studium nach Wien, und zwar am liebsten gleich zu Ihnen. Über seine Kenntnisse bin ich nicht orientiert. Soviel weiss ich, dass er {2} einer meiner aufmerksamsten Zuhörer ist, und in den Diskussionen recht geschickte Fragen gestellt hat. Nach seinen Worten ist es die Überzeugungsgraft Ihrer Theorien, die in ihm den Wunsch erregt hat, die neuen Erkenntnisse nun an der Quelle zu studieren. Andeutungsweise scheint ihm die finanzielle Seite keine Schwierigkeiten zu machen. Es handelt sich nun darum, ob Sie ihn als Schüler aufnehmen würden, {3} oder ob er gegebenfalls erst bei Herrn Dr. Weisse Vorstudien treiben soll. Nach dieser Voranmeldung würde ich ihn dann veranlassen über alles nähere sich mit Ihnen in schriftliche Verbindung zu setzen. Schreiben Sie bitte, wie Sie darüber denken, (ich hoffe[,] es werden ihm noch andere folgen.)

Mit herzlichen Grüssen Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin

Ihr
[ sign’d: ] Cube.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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July 18, 1929

OJ 9/34 [19] : 7-18-29

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated July 18, 1929

Duisburg/Rhld.
Pulverweg 41.
18.VII.29.

Sehr verehrter Meister!

Vielen Dank für die beiden Karten.1 Von Herrn Voss2 habe ich seit seinem Brief nichts mehr vernommen. Damals schien von finanziellen Schwierigkeiten noch nichts wahrnehmbar. Inzwischen wird er – wie so viele – dem wirtschaftlichen “Aufbau” zum Opfer gefallen sein. Ich hoffe, dass er trotzdem seinen Weg zu Ihnen finden wird. –

Hier ist inzwischen die saure Gurken Zeit ausgebrochen. Wir haben 38° im Schatten (soweit von Schatten überhaupt gesprochen werden kann) und man tut gut, jede körperliche Bewegung auf das notwendige Minimum zu beschränken. Jede freie Stunde wird zur Flucht ins Strandbad benützt. Für die Ernte das gegebene Wetter – mir persönlich wäre im Augenblick ein möglichst hartnäckiger Landregen mit etwas polarer Ventilation sympathischer. –

Das “Geschäft” ist auch im Sommerschlaf versunken. Den ganzen Winter, bis jetzt war ich recht zufrieden. Augenblicks ist wiedermal flaue Zeit. Wenn ich überhaupt wegfahren kann, wird es wohl nicht weit werden. Momentan habe ich im Konservatorium 8 Schüler und drei Theorieklassen, privat nur drei Schüler. Getragen von der Hoffnung auf bessere Zeiten, kann man auch davon leben. –

Meine zweite Sonate ist jetzt endlich fertig. {2} Ich habe einen neuen Schlusssatz ziemlich rasch komponiert. Es ging wie von selbst, und ich glaube nicht dass er schlecht ist. Anbei sende ich Ihnen beide Sonaten; die erste kennen Sie ja, bis auf den langsamen Satz, und Teile des Rondos. Die erste geht nach Leipzig zum C. F. Kahnt-Verlag, dessen Besitzer, Herr Hoffmann, nicht abgeneigt scheint, sie zu drucken. Erste Auflage natürlich ohne Honorar! Die zweite möchte ich einem grösseren Verlag andrehen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar für Rat- und Vorschläge, habe ich doch noch gar keine Verbindung zu solchen Leuten. Wer hat denn Dr. Weisses und Prof. Oppels Sachen gedruckt? Vielleicht könnte Ihre Begutachtung und die Duisburger Kritik (als Beweis der “Uraufführung”) doch einen Verleger bewegen[,] einen Versuch damit zu machen. –

Ich gehe schon wieder mit neuen Plänen schwanger, indes ist die Hitze zu gross um klare Gedanken zu krystallisieren. Auf jedenfall habe ich jetzt nach der Vollendung zweier grösseren Sachen viel Mut und Lust für Weiteres. –

Durch meine Schwester öffnen sich neuerdings Perspektiven nach Berlin. Im Winter fahre ich hin, um die Lage zu sondieren. Bis dahin wird die hohe Protektion bearbeitet. –

Wenn ich von Leipzig Antwort habe, schreibe ich sofort.

Für heute viele herzliche Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin, und gute Erholung!3

Ihr
[ sign’d: ] Felix v. Cube.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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January 2, 1930

OJ 9/34, [20] : 1-2-30

Handwritten letter from Cube to Schenker, January 2, 1930

[upper left corner: stationery motif, crown above shield]

Duisburg/Rhld.[,] Pulverweg 41.
2. I. 30.

Sehr verehrter Meister!

Zuvor meine besten Grüsse und Wünsche zum neuen Jahre! Da est zugleich ein neues Decennium ist, erweitert man unwillkürlich den Zeitbegriff, und wird gewahr, wie wenig, und doch wieder wieviel des Unendlichen wieder einmal an einem vorbeigebraust ist. Man kommt sich vor, wie der Frosch im seichten Ufertümpel: Draussen zieht der grosse Strom vorbei, und man schielt etwas nach seinen Hinterbeinchen, ob sie’s wohl schaffen werden, da mitzukommen. –1

Augenblicks ist mir etwas philosophisch zu Mute. Ein wenig wird wohl auch die Weihnachtliche Überlastung von Magen und Gedärm daran schuld sein. Zum anderen aber ist es doch zur Zeit recht still um mich geworden. Offenbar sieht das Schicksal zuweilen auch Ruhepausen für seine Kinder vor. Das mag ja sehr vorteilhaft für die Nerven sein, indess[sic] beginne ich mich bereits zu beargwöhnen, ob nicht vielleicht meine Tatkraft sich dem {2} neuen Zustand anbequeme, um mich hinterlistigerweise faul und träge zu machen. An sich habe ich mein Auskommen, und verdiene mir mein tägliches Schnitzel mit Häuptlsalat ohne Überanstrengung. Dazu gehört nicht viel, bei einiger Genügsamkeit. Aber die sichtbaren Stationen des Erfolges ziehen sich immer weiter auseinander. So sinne ich dem eifrigst auf neue Aufgaben, an denen ich meine Kräfte erproben kann. Das Konservatorium läuft jetzt wie eine gutgeölte Machine. Der Privatunterricht bietet m etwas mehr in künstlerischer Hinsicht, aber es sind nur zwei von vielen, mit denen ich jene Sprache sprechen kann, die nun einmal für die Mehrzahl der Menschen Hieroglyphen bleibt. Für die Tonkünstlerzeitung arbeite ich an einem Artikel “Urlinie und Klavierunterricht”, oder “Eine Stunde Bach” und habe dazu das erste C dur Praeludium aus dem Wohltemperierten genommen, und hoffentlich richtig gelesen:2

Die Urlinie läuft im Terzraum e´´ d´´ c´´; die Stufen des Hintergundes sind I–V–I. Der V ist eine #IV vorgeschaltet, die in der Oberstimme den chromatischen Durchgang es´´ trägt. Die Ausfaltung zeigt einen Oktavzug e´´–e´, der ge- {3} wissermassen in zwei Tetrachord-artige Quartzüge aufgeteilt ist, die an ihren Enden die Betätigung der Stufen II–V (in Takt 10–11) und V–I (Takt 18–19) ermöglichen. Dadurch gerät die Stimmführung in eine tiefere Lage, und wird ganz am Schluss wieder mit Hilfe einer Figuration bei liegendem Bass in der gehörigen Höhe mit ~2 ~1 zu Ende geführt. Der Bass umschreibt mit Hilfe dreier C, nämlich c´, c, C, zwei Oktaven (Kopplung). Das, natürlich um in grossen Umrissen, habe ich herausgelesen. Daraus will ich zur Unterhaltung und Anleitung der Leser einen kleinen Schrieb machen, nicht ohne mich erkundigt zu haben, ob ich es Ihnen vor der Veröffentlichung schicken soll. –3

Komponierenderweise geht mir alles möglich durch den Kopf. Am meisten Façon hat bis jetzt etwas für Streichquartett, was natürlich langwierige Spezialstudien und vieles Lesen und Hören im Gefolge hat. Es sind doch – ach! – noch allzugrosse Lücken auszupolstern, und die Zeit schlüpft einem immerfort durch die Finger. Vielleicht wird nächstens meine Sonate in As-Dur von einer Meisterschülerin im Konservatoriums- {4} konzert aufgeführt, das wäre dann mal wieder eine Kleinigkeit Wasser auf die Mühle der öffentlichen Meinung, die wir – aus Geschäftsgründen – nun einmal in Gang halten müssen. Noch bin ich nicht soweit, dass die Kindlein zu mir kommen, vorläufig bin ich noch Aquisiteur, und bemüht, der Konkurrenz erfolgreich zuvorzukommen. –

Nebstbei lese ich die neuesten Philosophen, z. B. Edgar Daqué – “Natur und Seele”4 – und habe eine Neigung zum Billardspielen bei mir entdeckt. Auch beginne ich langsam und Kiloweise stärker zu werden, was von vorteilhaftem Einfluss auf mein Wohlbefinden, und von nachteiligstem Einfluss auf meine Schneiderrechnungen ist. Ausser unseren Kammermusikabenden habe ich als neuen “Sport” Jazzmusik auf zwei Flügeln angefangen; (Ich kanns halt nicht lassen!)5 Alles in allem bin ich so zufrieden, als mans in diesen Zeiten ohne Gefahr sein darf. –

Mit herzlichsten Grüssen Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin bin ich

Ihr
[ sign’d: ] Cube.

© Heirs of the Felix-Eberhard von Cube, published with kind permission.
© Transcription William Drabkin 2006.

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June 25, 1930

OJ 9/34, [21] : 6-25-30

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated June 25, 1930

[upper left corner: stationery motif comprising crown above shield]

Duisburg, den 25.VI. 30.

Sehr verehrter Meister!

Zuvor vielen Dank für Ihren Brief, und den Artikel von Vrieslander.1 Wenn Vrieslander der Urlinie noch nicht in dem Maasse nahegekommen ist, wie Sie es wünschen würden, so mag es meines Erachtens nach darin begründet sein, das er von niedersächsisch schwerbeugsamer Art ist, somit sich dem stärkeren Neuen nicht geschmeidig beugt, sondern, vielleicht in unbewussten Widerstand, versucht, einiges seiner eigenen, etwas dogmatischen Persönlichkeit mit in den neuen Zustand hinüberzuretten, durch welchen frommen Selbstbetrug natürlich die Erkenntnisfähigkeit getrübt wird. Doch fürchte ich nicht, das die Leser des Artikels sich von solch subtilen Erwägungen leiten lassen werden; denn – ist Vrieslander immerhin schon im nächsten An- {2} [pasted in upper left corner: published Review of “ Das Meisterwerk”] ziehungsbereich der Urlinie, so bewegen sich seine Leser immer noch in Siriusfernen[,] wie Figura zeigt.2

Herr Voss ist inzwischen bei mir “eingekehrt”.3 Er ist eben auch ein Opfer derVerhältnisse, und muss nun in der Nähe suchen, was ihm anfänglich in die Ferne zog. Soviel ich herausbekommen habe, spielen da auch Differenzen mit seinem Vater eine Rolle. (Oh, diese Väter!)4 Ich wollte Ihnen schon früher Mitteilung gemacht haben, schob aber den Brief mit dem Termin eines Konzertes immer weiter hinaus. Nun ist der Brief im Entstehen, das Konzert ist aber endgültig auf den Herbst verlegt worden. Es handelt sich um einen Abend der “Hauskomponisten” des Konservatoriums, von diesem als Schülerabend veranstaltet. Ich stehe {3} auf dem Programm mit meinen Variationen, sowie beiden Sonaten. Die entstehenden Hohlräume werden (konzessionsweise) mit Liedern meiner Komponierkollegen ausgefüllt; (auf dass einen jeden ein Strahl der Publikumssonne treffe[.)] Es ist so unerträglich im Schatten zu bleiben. Dabei werde ich nie gefragt, wenn mal die ander[en] was veranstalten. Nach dem Motto: Der eigene Hund macht keinen Lärm – – er bellt blos. Das ganze Konzert wird von Schülern bestritten [–] gute Könner, es wird viel Reiz haben, – und ich eine Menge Arbeit vorher. –

Eine unserer frischgebackenen Geigenlehrerinnen bat mich, mit ihr Beethovensonaten zu spielen. Ich nahm an, und die Gelegenheit wahr, ihr auf den Urliniezahn zu fühlen. Am dritten Abend kam die Erleuchtung über sie, und allbereits stürmt sie mit den üblichen, viel zu grossen Schritten ins neue Land hinein. Ich will abwarten, wie lange die Begeisterung vorhält, ehe ich registrier[e:] Wieder eine Seele gerettet! – {4} Mit der Oberklasse mach ich jetzt auch strengen Satz und leichte Analysen. Im Seminar wird es jetzt Mode, an meinen Vorlesungen teilzunehmen. Die Hörer mehren sich – zu meiner Freude; (ob auch zu der der Seminartheoristen bleibt dahingestellt.) –

Im Allgemeinen leide ich zur Zeit an den Auswirkungen unserer fabelhaften Finanzreformen.5 Noch habe ich ein Dach überm Kopf und satt zu essen. Aber manche kleine Bequemlichkeit ist schon dem Pleitegeier zum Opfer gefallen. Ich hätte nichts dagegen, gelegentlich Duisburg wegzukommen. Neulich habe ich – mit Protektion – meine Dienste der Charlottenburger Hochschule (Direktion Schreker)6 angeboten, aber noch keine Antwort bekommen. Sollten Sie in Wien mal was erfahren, wäre ich Ihnen für einen Wink dankbar. Duisburg ist gut genug als Sprungbrett, aber es bietet keine anderen Entwicklungsmöglichkeiten, als auf das Ableben seiner Vordermänner zu warten.

Für heute beste Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin, auch den Türtschers,7 von

Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

© Heirs of the Felix-Eberhard von Cube, published with kind permission.
© Transcription William Drabkin 2006.

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November 22, 1930

OJ 9/34, [22] : 11-22-30

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated November 22, 1930

Duisburg/Rhld. Kuhstr. 23–25/I.
22.XI.30.

Sehr verehrter Meister!

Wenn ich mir die Sache so überlege, scheint es mir nicht allein günstig, mich in Berlin “sehen” zu lassen, sondern ich erblicke darin eine ausgezeichnete Gelegenheit, dort mit gewissen maassgeblichen Leuten Verbindung zu bekommen, die mir noch sehr von Nutzen sein können. Wenn ich auch diese Stadt so wenig mag wie Sie,1 erscheint sie mir doch im Augenblick das erstrebenswerteste Arbeitsfeld in Deutschland. Falls nun tatsächlich die Bildung einer Interessengruppe für Musikarbeit im Sinne Ihres Werkes in Berlin akut würde, würde ich alles in Bewegung setzen, um mit unter den ersten zu sein, die für eine praktische Lehrtätigkeit in Ihrem Sinne für dortige Hochschulen, Seminare und Arbeitsgemeinschaften in Frage kommen. Um so mehr, als ich jetzt immerhin eine mehrjärige Praxis im Klassen- und Gemeinschaftsunterricht mit sichtbaren Erfolgen hinter mir habe, und ausserdem eine Loslösung von meinem derzeitigen Wirkungskreis mir nicht nur leicht, sondern sogar angenehm wäre; auch ist meine Praxis hier noch nicht so viel wert, als dass man mir in Berlin kein annehmbares Angebot machen könnte.

Ich würde Sie also bitten, mich rechtzeitig genau zu informieren, wann, wo, und unter welchen Umständen die Vorlesungen Dr. Weisses stattfinden werden,2 damit ich {2} disponieren kann. Die Reise ist in der jetzigen katastrophalen Zeit keine Kleinigkeit für mich – (mit einer veritablen “Einladung” durch die verantaltende Körperschaft wird ja wohl nicht zu rechnen sein?) – aber ich will mir diese Chance unter gar keinen Umständen entgehen lassen; und wenn der einzige positive Erfolg der wäre, dass den stumpfsinnigen Westfälingern hier doch endlich ein kleines Nachtlicht aufgeht!

Ich habe die Absicht, sich einen meiner Schüler an den Dr. Reichert oder Reichardt in Essen3 schriftlich wenden zu lassen, um genau festzustellen, wie weit er die Dreistigkeit treibt, als Ihr Schüler aufzutreten, um ihm gegebenenfalls den Begriff des unlauteren Wettbewerbs so nachdrücklich ins Gedächtnis zu rufen, dass er es vorzieht seine segensreiche Tätigkeit woandershin zu verlegen. –

Kestenberg4 ist übrigens selbst Musiker, und soll ein sehr feiner Kerl sein! Ich würde in Berlin mal ganz vernünftig mit ihm reden, auf welche Weise ich meine Hebel am besten ansetze.

Die Duisburger Ortsgruppe hat mich zu sechs Vorlesungen für den Reichsverband5 verpflichtet. Das ist auch ein “Echo” aus Berlin. Dass ich dahinterstecke weiss bloss der Vorsitzende Dr. Kreuzhage.6 Es ist einer meiner ersten Schachzüge. Mein Kompositionsabend steigt in 14 Tagen. Dabei werde ich auch ein paar passende Worte sprechen. Im übrigen sitze ich auf glühende Kohlen. Das “geduldige” Alter habe ich nachgerade noch nicht erreicht. –

Mit herzlichsten Grüssen Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin bin ich
Ihr
[ sign’d: ] Cube.

© Heirs of the Felix-Eberhard von Cube, published with kind permission.
© Transcription William Drabkin 2006.

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February 10, 1931

OJ 9/34 [23] : 2-10-31

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated February 10, 1931

Duisburg/Rheinland. Kuhstr. 23–25/I.
10.II.31.

Sehr verehrter Meister!

Zunächst vielen Dank für die Übersendung des neuen “Kunstwart”,1 worüber ich gleich noch einiges zu erzählen haben werde. Vorher aber das Wichtigste. Der einliegende Brief gibt Ihnen Aufschluss über die derzeitige Situation meiner Kölner Pläne. Ich schrieb nämlich Braunfels2 einen seemeilenlangen Brief über die mehr und mehr in den Vordergrund pädagogischen Interesserückende Notwendigkeit der Schaffung einer staatlich sanktionierten Basis für Schenkerunterricht im Rheinlande; die Fortschritte, die im Reich zu verzeichnen sind, wie auch die Tagung in Berlin wurden gebührend erwähnt. Die Antwort Braunfels’, die eigentlich nur einen triftigen, zeitlich bedingten Hinderungsgrund aufweist, kann zweierlei Bedeutung haben: eine reale und eine politische. Real insofern, als die Finanzen der Hochschule tatsächlich besonders schlecht sind; politisch wäre denkbar, dass auch Braunfels den unheilvollen Einfluss der “entfesselten Pädagogen” in Berlin (trotz Kestenberg!3) fürchtet, und mit ausgezeichneter Höflichkeit das diplomatische Mittel des Abwartens einem Stich ins Wespennest vorzieht. Ich persönlich halte jedoch die erstere Bedeutung für durchaus wahrscheinlich!

Um indes keine “Stimmführungsmöglichkeit” unversucht zu lassen, möchte ich Sie um Ihren Rat, möglicherweise sogar {2} um Ihre Fürsprache in der Angelegenheit bitten, die ich Ihnen im Folgenden unterbreiten will:

Die Schaffung geregelten Schenkerunterrichts an der Kölner Hochschule würde einen ganz erheblichen Schritt nach vorwärts bedeuten! Würde Ihre Gedankenwelt doch den ganzen, bis jetzt ziemlich unbeleckten westlichen Provinzen erschlossen werden, und der Vorantritt der Hochschule manche andere Musikpflegestätte bei einiger Überredung zu änhnlichen Einrichtungen veranlassen. Ich will hierbei der grossen Schwierigkeiten gedenken, die mir von den einfach unbelehrbaren Machthabern an der Essener Folkwangschule,4 sowie selbst in meinem eigenen Wirkungskreis bereitet wurden und noch werden!

Die Hochschule wäre an sich bereit, die Sache sofort anzupacken. Ich warte nicht weit davon, bereit meine Kräfte an einem Orte anzuspannen, dessen Unternehmungen in weitestem Umkreis beachtet, besprochen und nachgeahmt werden. Was zu dem vollständigen Dreiklang noch fehlt, ist eine – und noch dazu verhältnismässig geringe [–] Geldsumme, die die Einrichtung einer oder mehrerer Klassen für Harmonie, Kontrapunkt, Urlinie etc. ermöglichen könnte!

Es ist naheliegend, in diesem Zusammenhange an einen Mann zu denken, der in grossherzigster Weise die Lösung kultureller Aufgaben durch Beistellung von Mitteln ermöglicht hat, die gewiss erheblicher waren, als die zu obbesagtem Zwecke benötigen sein würden. Glauben Sie, lieber Herr Professor, dass es aussichtsreich wäre, sich in dieser Angelegenheit {3} an Herrn Anthony van Hoboken5 zu wenden, und ihn zu bitten, diesem doch gewiss nur nützlichen Vorhaben seinen Beistand zu gewähren? Es würde sich wie gesagt um nicht viel Geld, und das auch nur auf ein bis zwei Jahre handeln, denn ich bin überzeugt, dass nach dieser Zeit, möglicherweise schon früher, ein ernsthaft aufgezogener Unterricht an der Hochschule von selbst obligatorisch würde, und seinen Platz im Etat des Schuldezernats erobern und behaupten könnte.

Es wäre da noch die Frage, ob ich mich selbst sofort an Herrn van Hoboken wenden soll, oder ob Sie selbst auf Grund meines und Braunfels’ Brief mit Herrn van Hoboken verhandeln möchten. Möglicherweise könnte man sogar eine Einigung mit der Hochschule insofern anstreben, dass diese wenigstens einen Teil der nötigen Mittel selbst dazugibt! Meines Erachtens nach würde schon eine prinzipielle Zusage Herrn van Hobokens genügen, um die Hochschule zu Zugeständnissen zu veranlassen. Über die Form einer eventuellen Beihilfe, ob Stiftung, Widmung oder rückzahlbares Darlehen, müssten natürlich auch erst direkte Verhandlungen mit der Hochschule Klarheit schaffen. Ich selbst warte mit Schmerzen auf den Augenblick, der mir die Möglichkeit gibt, mich in der vordersten Kampflinie zu bewähren. Obwohl ich noch viel schreiben wollte, muss ich jetzt schliessen. Sehr bald berichte ich Ihnen von meinen sonstigen Erlebnissen, Meinungen und Versuche. Für heute beste Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin, und ergebenste Empfehlungen an Herrn van Hoboken , auch an Dr. Weisse.6

Ihr
[ sign’d: ] Cube.

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April 25, 1931

OJ 9/34, [24] : 4-25-31

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated April 25, 1931

Duisburg/Rhld. Gellerstr. 2.
25.IV.31.

Sehr verehrter Meister!

Verzeihen Sie bitte, dass ich heute erst schreibe, ich hatte und habe mit der Liquidierung des Haushaltes und den Nachlassangelegenheiten viel zu tun.1 Für heute nur kurz: Ich gehe nach Hamburg zu Prof. Violin!2 Vorher noch kurz nach Oesterreich zur gründlichen Erholung bei Bekannten. Vorläufig ist mein Hirn immer noch wie betäubt, aber sobald ich etwas mehr Ruhe habe, schreibe Ich Ihnen über alles ganz ausführlich!

Beste Grüsse
Ihr
[ sign’d: ] Cube.

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May 9, 1931

OJ 9/34, [25] : 5-9-31

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated May 9, 1931

Duisburg, Gellerstr. 2.
9.V.31.

Sehr verehrter Meister!

Allgemach habe ich mich wieder in den – nun etwas veränderten Alltag hineingefunden. Ich beginne bereits die Stadt Duisburg etwas wie aus der Entfernung zu betrachten, denn länger als etwa sieben oder acht Wochen werde ich nicht mehr hier sein. Am 1. August trete ich in Hamburg bei Herrn Prof. Violin1 an, um meinen Teil an den nötigen Vorarbeiten zu leisten. Am 1. September geht es dann los.2 Vorher, in den Pfingstferien3 gibt es noch eine kurze Besprechung in Hamburg, darnach ich meine Vorbereitungen treffe. Dies werde ich sehr wahrscheinlich mit einem 3–4 wöchigen Erholungsaufenthalt in Oberösterreich verbinden {2} (seit drei Jahren der erste Urlaub), wo ich bei Bekannten eingeladen bin. Am Duisburger Konservatorium habe ich bereits gekündigt, wobei man mich zuvorkommenderweise von dem vertrags’chen Termin (Oktober) entbunden hat. Einige Genugtuung bereitet mir die Tatsache, dass mein Posten nicht so leicht zu besetzen ist. Gute Aussichten hat ein Anwärter aus Düsseldorf. Sei dem wie ihm sei, ich habe im pädagogisch praktischen Sinne hier eine ganze Menge gelernt. –

Alle Welt hofiert mich jetzt. Gerade die, die am grimmigsten gegen mich gewühlt haben, sind jetzt eitel Wohlwollen und Zuvorkommenheit. Sie haben “schon immer” gesagt, das Schenker eine fabelhafte Sache sei, und sie hätten “gerade jetzt” sich entschlossen, ernsthaft an die Sache “ranzugehen”. Zu schade, dass ich nun gerade wegfahre! Mein “grosser” Konkurrent Eccarius4 hat mir sogar das ver- {3} trauliche “Du” angeboten. Es juckte mich in allen Eingeweiden zu sagen: “Sie werden lachen, ich bleibe hier!” –

Der Herr Voss5 entwickelt eine prächtige Betriebsamkeit. Er hält Kurse und Arbeitsgemeinschaften ab, gibt Stunden in Kontrapunkt, und geht jetzt in Dortmund aufs Seminar um einesteils sich aufs Staatsexamen vorzubereiten, andererseits um “Schenker-Zellen” zu bilden, wie er sich ausdrückt. Er besitzt genügend Kenntnisse und überzeugende Redekunst, um Erfolge haben zu können. Wir haben Harmonie, Stimmführung und manches andere gearbeitet, und er hat sich gut entwickelt, und wird der Sache sehr nützlich sein! Leider ist er noch etwas von westfälischem, ja, beinahe holländischen Eigenschaften belastet, doch wird er diese schon noch ablegen lernen. Ein vorzügliches Horosokop stelle ich meiner besten Schülerin Lieselotte Müller,6 die schon beinahe unheimlich begabt ist. Auch sie muss sich {4} zunächst die Staatsprüfung gefallen lassen, dann werde ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um sie in Hamburg weiter unterrichten zu können. Voss ist ein guter Arbeiter, die Müller aber verhält sich zu ihm wie ein Dreiklang zu einer Stufe. Um diese beiden willen hat sich Duisburg schon gelohnt. Schade, dass die Müller so sehr jung und noch ganz am Anfang ist! –

Die Ironie des Schicksals hat es gebracht, dass es mir nun ausgerechnet die letzten zwei Monate hier noch besonders dreckig gehen soll. Mit Hamburg vor Augen ertrage ich es mit Humor, und lasse mich im Übrigen von allen Leuten zum Essen einladen. À propos Geschäftslage: Zwei Herren fahren von Berlin nach Frankfurt; beide sprechen kein Wort. Kurz vor Frankfurt seufzt der eine tief auf. Darauf der andere: “Mir wollen Sie was erzählen?”7

Einstweilen beste Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin, und sofort nach Pfingsten folgt genauer Bericht von

Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

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November 7, 1933

OJ 9/34, [15] : 11-7-28

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated November 7, 1928

Duisburg/Rhld.
Pulverweg 41.
7.XI.28.

Sehr verehrter Meister!

Nunmehr kann ich berichten: Die Sache mit Köln lässt sich über alles Erwarten gut an. Braunfels,1 der sich sehr schön über Ihr Werk äusserte, unterstützte meinen Plan gleich mit aller Autorität. Er attachierte mir als Mitarbeiter Herrn Prof. Lemacher,2 den Theoriegewaltigen der städt. Musikschule, die mit der Hochschule vereinigt ist. Lemacher hat mir die Organisation der Angelegenheit sehr erleichtert. Der Reihe nach stellte er mich seinen Seminaristen, sowie den Schul- und Kirchenmusikern vor, worauf ich mein Sprüchlein sagte, und die Interessenten sofort festgenagelt wurden. Heute Abend, da der “grosse Chor” versammelt war, wurde die letzte Schlacht geschlagen. Braunfels selbst führte den Vorsitz, und sekundierte mir nach Kräften. Auch die Hauptfragen der Zeiteinteilung und Finanzierung wurden geregelt. Die Beteiligung ist sehr erfreulich, ich habe ein Auditorium von etwa hundert Schülern zu erwarten. Es sind vorerst acht Vorlesungen festgesetzt; jede Woche eine. Die ersten vier noch vor Weihnachten (am 28.XI. geht’s los), der Rest nach den Ferien. Je nach Aufnahme und Bedürfnis(!) soll der Kursus eventuell wiederholt werden. Über die Beteiligung der Lehrerschaft bin ich noch im Unklaren, doch denke ich, dass dem Beispiel Prof. Lemachers, der sich alles mitzuhören will (er ist immerhin ein Kenner der Urlinie), noch andere folgen werden. Meine eigenen Ansprüche habe ich im Interesse der Sache nicht sehr hochgeschraubt, um die finanziell angestrengten Hochschüler nicht von Anfang an durch zu grosse Neubelastung zu vergrämen, immerhin wird mir jeder Monat über hundert Mark einbringen, und ich bin willens und gesonnen, an der Hochschule noch einmal sehr viel mehr zu verdienen. Ich fange gleich mit winzigen Urlinien an, und erläutere Ihre Harmonie- und Stimmführungstheorien gleich am lebenden Objekt. Mit der Zeit kommen dann schwerere Sachen, und nach Möglichkeit – auch auf Wunsch Lemachers – “Gegenbeispiele”, etwa Bruckner, Reger, Hindemith. So wird es ganz von selbst kommen, dass es nicht bei den acht Vorlesungen bleibt. Wer erst einmal den Segen {2} der “Urlinie” erfasst hat, der ist ihr auch fürderhin verbunden und verpflichtet. –

Damit auch der Humor zu seinem Rechte bekommt, lege ich Ihnen eine Kritik eines Schubertabends bei, den ich gebührend “eingeleitet” habe. Es war eine schöne Predigt. Noch heute klingen den Leute die Ohren davon. Sie haben’s aber nett hingenommen, und zum Schluss sehr lieb geklatscht. Es hat viel Eindruck gemacht, und wildfremde Leute konnten nicht umhin mir ihre Ergriffenheit aus – und die Hand zu drücken. Wie meistens hat der Recensent (er ist übrigens seines Zeichens Nationalökonom) das Wenigste “mitbegriffen”. Das mit Brahms und Bruckner war nur ein halber Relativsatz – dennoch konnte er ihn nicht verdauen. Immerhin können Sie mit Leichtigkeit aus der Kritik entnehmen was, und wie ich’s gesagt habe. Im übrigen waltet in ihr die übliche Hilfslosigkeit dem Kern der Dinge gegenüber. Ein “blutlos-resignierender” Essay voll “grosslinigen” Kleinverstandes.3

Sonate Nº 1. befindet sich bereits im Komponistenwettbewerb. Zu Ostern 1929 höre ich wieder davon. Nº 2. geht langsam aber sicher ihrem Ende entgegen. Schon skizziere ich einen Allegro-Entwurf zu einem Klavierkonzert. Ich habe wieder zwei Privatschüler. Die Lage scheint sich in Besserung zu gefallen. –

Dies für heute. Wie immer werde ich Sie des weiteren über mein “Arbeitszimmer” auf dem Laufenden halten.

Mit herzlichsten Grüssen Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin, auch Vrieslandern4 und Hoboken5 (ihm schulde ich noch Nachricht)

von Ihrem
[ sign’d: ] Cube.

P.S. Hupka6 und Herrn Albersheim7 werde ich besuchen sowie ich einen ganzen Tag in Köln bin.

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© Transcription William Drabkin, 2006.

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April 29, 1934

OJ 9/34, [39] : 4-29-34

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated April 29, 1934

Hamburg 13, Mittelweg 126, Haus Ia/II.
29.IV.34

Lieber, hochverehrter Meister!

Ich habe lange geschwiegen, denn ich musste schweigend kämpfen. Nun bin ich, glaube ich, unterlegen. Ich haben Ihnen und der Wahrheit die Treue gehalten, solange meine Kräfte reichten. Nun fürchte ich, bricht das Unheil auch über mich herein. Der beilegende Brief meiner derzeitigen Brotherren1 erübrigt jeden Kommentar!2 Ich werde nicht kampflos weichen. In diesen Tagen versuche ich durch Furtwängler Unterstützung von oben her zu erhalten.3 Doch glaube ich nicht sehr an Erfolg, da mein letzter Brief an ihm (mit Bitte um Empfehlungsschreiben) unbeantwortet blieb. Ebenso erhoffe ich mir wenig Hilfe von alteingesessenen Verehrern Ihrer Lehre (Prof. Spengel4 und Th. Kaufmann5), da dieselben gegen jene, die es in der Hand haben, nichts vermögen. Ich bin nun mal bekannt als “der” Schenkerianer, und habe alles auszubaden, wenngleich andere schon zwanzig Jahre vor mir hier dasselbe lehrten; ihnen wird man nichts tun, den sie haben sich gehütet[,] Ihren Namen zu nennen, als es brenzlich wurde! Ich hoffe immer noch, dass mein Fall nicht sÿmptomatisch für Deutschland ist, sondern eine lokale kleine Machtprobe einiger anonÿm (naturlich!) arbeitender “Kollegen”, die mich auf diese Weise erledigen, und sich damit noch Verdienste erwerben. Furtwängler muss sich nun entscheiden! Hic Rhodus, hic salta!6 Ich glaube das Ergebnis vorauszuwissen! Und aus diesem Grunde frage ich erstmalig informatorisch bei Ihnen an, ob Sie für mich eine Mögligkeit sehen, mit meiner Familie (im August werden wir selbdritt sein) der sicheren Vernichtung zu entgehen? A propos: Noch ist die Gafahr latent, doch muss ich beizeiten Vorkehrungen treffen. Inwieweit Verwandtenhilfe und Furtwänglers Macht in- (oder ausserhalb) des Reiches in Frage kommen, will ich Ihnen mitteilen, sobald ich sondiert habe.7

Zur beiliegenden Tafel: Das letzte Dritteil gefällt mir selber noch nicht!8 Aber ich wollte den Brief abschicken, und allzuweit werde ich wohl nicht vorbeigeschossen haben. Auch plagt mich heute Rheumatismus[,] dass ich nicht viel schreiben kann.9

Noch dies: Ich hatte vor einem halben Jahr eine Unterredung mit Furtwängler, in der er Sie sehr überzeugt verteidigte – allerdings unter vier Augen. –

Mit herzlichsten Grüssen von Haus zu Haus
Ihr
[ sign’d: ] Cube.

P.S. 1) mein Bekenntnis zum neuen Deutschland wird an sich dadurch nicht berührt! –10

[sideways in left margin:]
P.S. 2) Für einen etwaigen Domizilwechsel kommt nur etwas ganz Sicheres wenn auch noch so bescheiden in Frage!

© Heirs of the Felix-Eberhard von Cube, published with kind permission.
© Transcription William Drabkin, 2006.

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June 2, 1934

OJ 9/34, [40] : 6-2-34

Handwritten letter from Cube to Schenker, June 2, 1934

Hamburg 13, Mittelweg 126, Ia/II.
2.VI.34.

Jeder denkt, sie sind perdü,
bq. aber nein, noch leben sie!
bq. (Wilhelm Busch.)1

Hochverehrter, lieber Meister!

Ich habe weidlich nach verschiedenen Seiten geknurrt und die Zähne gefletscht, nach anderen Seiten hinwiederum aufklärend und überzeugend gewirkt und gearbeitet; item ich in die bröckelnde Mauer des Starrsinnes einen soliden Haken getrieben habe, an dem ich mich vielleicht wieder anseilen kann.2

Folgendermaßen läutet ein Schreiben, das ich vom Landesleiter der Reichsmusikkammer3 erhielt:

“Sehr geehrter Herr von Cube!

Ich teile Ihnen mit, dass ich mich über die Gründe Ihrer Kündigung beim Deutschen Konservatorium direkt informieren werde. Eine Stellungnahme zur „Schenker-Theorie” scheint mir zurzeit durchaus nicht erforderlich und ist es mir unerfindlich, weshalb Sie mit einer derartigen Begründung gekündigt wurden. ……..”

Es folgen dann noch Bemerkungen über die Einflussnahme der R.M.K. auf Anstellungsverträge. Ich habe nach diesem Schreiben meiner Direktion auf den Kopf zu gesagt, dass der Kündigungsgrund um ein fauler Vorwand für unsaubere geschäftliche Machenschaften war, (denn ich kenne jetzt auch meinen Nachfolger!), worauf wir den schönsten Krach kriegten, und ich erst recht rausgeschmissen wurde! Immerhin habe jetzt ich die reine Weste, und meine Direktion den Fleck auf der Conduite! Was mir allerdings nun ein ehrenvoller, aber leider kein stofflicher Ersatz für die verlorene Verdienstquelle ist. Einige beherzte Schüler sind mit mir “in die Verbannung” gegangen. Aber erst nebelhaft erheben sich am Horizonte die Umrisse einer neuen eventuellen Arbeitsstätte. Jetzt kommen erst die Ferien und mitten darin unser Familienzuwachs, sodass mir alle Haare einzeln zu Berge stehen, und ich ein S.O.S. an die Verwandten losgelassen habe. Obs hilft??? —

{2} Einliegend finden Sie ferner die Besprechung eines Vortrages, den ich kürzlich mit dem Mute der Verzweiflung gehalten habe. Es schien mir der einzigmögliche Weg, die Wahrheit zur Sprache zu bringen, ohne auf eine a-priori-Ablehnung zu stossen. Der Erfolg übertraf meine Erwartungen, und auch die Besprechung – von mir leicht inspiriert – zeigt, dass es noch Leute gibt, die eine geistige Verantwortung auf sich zu nehmen bereit sind. Curioserweise hatte der Vortrag ein Echo aus - - - - - Frankfurt! Von dort schrieb mir ein Professor Alfred Hoehn (kennen Sie ihn?),4 dass er von diesen Dingen mehr erfahren möchte. Ich werde ihm ein paar zusammenhängende Notizen und eine “selbstgezogene” Urlinie schicken.5

Beim Bachpräludium6 habe ich mich zu folgendem Ursatze durchgerungen:

[example: Bach, Well-Tempered Clavier, I, Prelude in D: short two-stave voice-leading reduction]

Cum grano salis natürlich! Jetzt arbeite ich auch an der Fuge!7 Dies ist auch so ähnlich. Im Übrigen bin ich mit “Nestbau” beschäftigt, streiche meine Möbel, tapeziere Wände, zimmere Tische und Garderoben, denn Handwerker bezahlen ist nicht möglich, und ausserdem wird das Selbstgefühl gesteigert! –

Gott und mein Glaube an die Ewigkeit alles Deutschen – auch im neuen Deutschland – helfe mir weiter! –8

Mit vielen herzlichen Grüssen von uns beiden an Sie und Ihre liebe Gattin bich ich stets

Ihr
[ sign’d: ] Cube.

Was macht Hans Wolf?9

Ach so: Furtwängler will sich Mitte Juni mit mir in Verbindung setzen!10

© Transcription William Drabkin, 2006.

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June 7, 1934

OJ 9/34, [41] : 6-7-34

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated June 7, 1934

Hamburg 13, Mittelweg 126, Ia/II.
7.VI.34.

Sehr verehrter, lieber Meister!

Ich danke Ihnen für Ihren Brief,1 den ich in diesem Augenblick erhielt. Ich ersehe daraus, dass eine Bemerkung in der Besprechung Ihnen eine Betroffenheit verursacht hat, die ich mir mit Ihrer Unkenntnis der hiesigen Verhältnisse und Zusammenhänge erkläre. Ich darf daher zu Ihrer Aufklärung folgendes feststellen:2

Den Vortrag hielt ich in der Zeit der wildesten Gerüchtsmacherei, die mich bedrängte, und mich auch meine Stellung kostete. Die Kritik erschien erst einige Wochen darauf, und gekennzeichnet das Anfangsstadium der Sache! Ich bin dem Kritiker3 für seine Eingangsbemerkung zu Dank verpflichtet, denn er hat mir dadurch Luft verschafft, den Leuten gegenüber, die jedes Wort aus meinem Munde in Hamburg als Judenpropaganda ausposaunten! Ich fand es auch ganz in der Ordnung, dass er Ihrer in der Kritik in dem Umfange erwähnte, wie ich von Ihnen zu sprechen in meinem Vortrage wagen konnte, ohne mir ganz unvorsichtigerweise eine nicht wieder gutzumachende Gegnerschaft zuzuziehen, was sowieso in einigem Umfange geschehen ist. Man kann dem Kritiker nicht mal eine Notlüge vorwerfen, denn ich habe mit Absicht diejenigen Ihrer Wahrheiten, die ich zu bringen für notwendig fand, in ein pädagogisches Vortragsgewand eigener Provenienz so gekleidet, wie man es heute bei uns gerne hört, und hoffe damit der Wahrheit einen besseren Dienst geleis[t]et zu haben, als wenn ich nur dickköpfigerweise ein Redeverbot geholt hätte (wie gewisse andere Leute). Es hat mir genügt, dass unser geschäftsführender Vorsitzender den Vortrag als “nicht geeignet” bezeichnet hat. Warum brauche ich wohl nicht zu sagen.4

Dass die Schenker-Theorie heute nicht diskutiert wird (“vorläufig” heisst es im Brief der Landesleitung) liegt wohl zum guten Teil daran, dass ich die Landesleitung persönlich, und auch durch Mitwirkung einiger anderer, vernünftiger Leute vom Inhalt und Werte Ihrer Lebensarbeit erst in Kenntnis gesetzt habe! Noch vor kurzer Zeit war die Schenker-Theorie ”jüdischer Kram”, und die betreffenden Herren hatten weder eine Ahnung von Ihrer Arbeit, noch wussten sie, das Sie noch leben! So stand und steht es um Ihre Bekanntheit hier im hohen Norden! Die Geltung, die Sie in Hamburg geniessen, habe ich Ihnen grösstenteils durch meine Arbeit erworben, und auch Violin will ich hier nennen!5 Es gibt noch mehrere Leute hier, die aus *{2}*Ihren Werken Nutzen ziehen, aber diese haben das Maul nicht mehr aufgemacht, als es nicht mehr opportün schien! Absurd aber wäre, zu denken, ich wollte mich auf Ihre Kosten dick tun! Auf “Schaden” oder “Erfolg” für mich kommt es überhaupt garnicht an, sondern einzig auf die Wahrheit! Und die Art und Weise, wie ich für diese kämpfe ergibt sich ganz und gar aus den hiesigen Verhältnissen, die zu überblicken Ihnen von dort wohl nur schwer möglich sein dürfte! Das einzige, was ich für mich in Anspruch nehme, ist die Freiheit, eigene Gedanken zu entwickeln; und wo und wann ich diese äußere, muß wohl meinem Ermessen überlassen bleiben. –6

Noch eins: meine “Hilfe” bei der Kritik erstreckte sich auf das Gedächtnis des Kritikers in Bezug auf einige, mir wichtig erscheinende Punkte, auf dass sie nicht vergessen würden.7

Zum Schluss, lieber, verehrter Meister, ein aktuelles Wort: “Deutsch sein, heisst eine Sache um ihrer selbst willen tun!” Verlangen Sie nich mehr von mir! Hätten Sie an meiner Stelle das erdulden müssen, was ich hier um der Wahrheit also auch um Ihretwillen erduldet habe, so hätten Sie Ihre Worte vielleicht ein wenig anders gesetzt! –

Meine Frau und Ich danken herzlichst für Ihre guten Wünsche, und wünschen Ihnen und Ihrer Gattin recht gute Erholung! –

Mit besten Grüssen
Ihr
[ sign’d: ] Cube

© Heirs of the Felix-Eberhard von Cube, published with kind permission.
© Transcription William Drabkin 2006.

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August 12, 1934

OC 44/4 : 8-12-34

Printed and handwritten birth annnouncement from the Cube family to Schenker, dated August 12, 1934

[Roman = printed; Italic = handwritten]
[ all centred on page]

[diagonally, in printed box:] John-Carsten

Die glückliche Geburt / eines gesunden Knaben / zeigen hocherfreut an

Felix-E. von Cube / und Frau Henriette, geb. Reich.

Hamburg, 13, den 12.VIII.34 / Mittelweg 126, Ia/II

© Heirs of the Felix-Eberhard von Cube, published with kind permission.
© Transcription William Drabkin 2006.

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October 4, 1934

OJ 9/34 [42] : 10-4-34

Handwritten letter from Cube to Schenker, dated October 4, 1934

Hamburg 13, Mittelweg 126, Ia/II
4.X.34.

Sehr verehrter Meister!

Es ist an der Zeit, wiedermal einen ausführlichen Rapport zu machen. Zuvorderst das Sachliche. Es gibt da einiges Neue und Wissenswerte. Einmal die Abschrift eines Briefes von Furtwängler:1

Sehr verehrter Herr von Cube!

Infolge meiner vielen Reisen innerhalb der letzten Monate komme ich erst jetzt dazu, Ihren Brief vom 4. Mai zu beantworten.

Ob es wirklich wahr ist, dass Sie nur wegen Ihrer Anhängerschaft der Schenker’schen Lehre in Hamburg entlassen wurden, kann ich nicht beurteilen. Ich weiss nur, dass heute sehr viele Entlassungen aus persönlichen Motiven geschehen, d.h. weil irgendwie ein anderer die betreffende Stelle haben soll oder muss [cued from lower margin: note by Cube: Die Stelle hat heute der stellvertretende Leiter der Landesmusikerschaft Nordmark.] und dass die sachlichen Gründe, die bei solchen Gelegenheiten vorgebracht werden, häufig nur vorgeschoben sind.

Was Schenker und seine Lehre betrifft, so bin ich selbstverständlich jederzeit bereit, Ihnen und jedem, der es hören will, meine Ansicht mitzuteilen: dass es sich hier um eine Sache von höchsten Tragweite handelt, die, weil sie im Wesen der Natur und der grossen Meistwerke verankert ist, die Zukunft für sich hat, gegenüber so vielen anderen musikalischen Theorien, die um ihrer selbstwillen aus der Luft herausgegriffen wurden, und dass Schenker selber, obwohl rassenmäßig Jude, doch unbedingt als einer der eindringlichsten und grössten Verfechter und Verkünder deutschen Musikgenies und Musikgeistes betrachtet werden muss.

Ich bin soeben im Begriff, auf Urlaub zu gehen; vielleicht teilen Sie mir gelegentlich mit, wie sich Ihre Sache weiter entwickelt.

Mit den besten Empfehlungen bin ich
Ihr
Wilhelm Furtwängler.

Diesen Brief erhielt ich vor acht Wochen. Ich habe ihn sofort dem Leiter des einzigsten Institutes hier geschickt, bei dem ich mir Hoffnung {2} machen konnte, so etwas wie einen Wirkungskreis zu erhalten, da derselbe sowohl begierig schien, die pädagogischen Vorteile Ihrer Lehre zu erproben, als auch mir persönlich gut bekannt ist. Dieser Herr kam vor kurzem von den Ferien zurück und erklärte sich – von Furtwänglers Brief sichtlich beeindruckt – bereit, einen Halbjahreskursus für seine Seminaristen und Junglehrer vorläufig einzurichten. Es ist für die ganze Lage hier indessen durchaus bezeichnend, und trotz|2 aller Furtwänglerbriefe und Musikkammererklärungen3 charakteristisch, dass man mir in einem von mir zu Werbezwecken verfassten Schriftsatz Ihren Namen nebst denen von Halm4 und Kurth5 gestrichen hat! Dabei hatte ich Ihnen diese paradoxe Nachbarschaft nur aus dem Grunde formell zugemutet, um eine Wiederholung der Anwürfe aus jener Mentalität, die mir hier andauernd zu schaffen mach[t] zu vermeiden. Möglicherweise missverstehen Sie dies ebenso, wie die inkrimierte[sic] Stelle aus jener Kritik,6 aber dem Aussenstehenden ist manches unbegreiflich, das er nicht selbst erlebt. So kommt es beispielsweise vor, dass Händelsche Texte (Judas Maccabäus etc.) abgelehnt werden(!). Natürlich wären Halm und Kurth, wie sichs gehört, als Comparationes weggekommen;7 dies ist nun zwar nicht mehr nötig, aber ich bin nunmehr ganz auf mündliche Nennung Ihres Namens angewiesen. (So kann man sich nötigenfalls auf mich herausreden – man hat ja offiziell sich nicht mit Ihrer Lehre identifiziert!) Dass eines Tags Ihr Name ohne kleinliche Ängste gennant wird, dafür habe ich nun wiedermal ein vorläufiges halbes Jahr Zeit, mich einzusetzen! [8]

Unterdes bin ich auch nicht müssig gewesen, und habe dem Leiter der Landesmusikerschaft Ihren Essay “von der Sendung des deutschen Genies”9 zu lesen gegeben (es wird das erste sein, was er von Ihnen gelesen hat); neulich kam er zurück, nebst einem Brief des Herrn, dass er ihn “mit sehr grossem Interesse” gelesen habe. Eine weniger allgemein gehaltene Meinungsäusserung war allerdings vom Landesleiter schwerlich zu erhoffen. Immerhin bin ich froh, dass er Zeit hatte, gerade dieses zu lesen! Es hilft doch ein bisschen. Erfreulicher ist das letzte Kapitel eines Werkes “Geschichte der Musikästhetik in Umrissen” von Dr. Rudolf Schäfke,10 in dem – nicht ohne alle Aposthophierungen – sonst aber sehr ausführlich von Ihnen die Rede ist, und vor allem auch gesagt wird, dass die von Ihnen entwickelten Anschauungen die Zukunft für sich haben. Meine eigenen Arbeiten erstrecken sich – neben kümmerlichen Unterrichtsstunden – auf mein erwähltes Spezialgebiet, die Noëtik der abendländlichen Tonsÿsteme. Ich kann heute schon soviel sagen, dass sich sehr viel mehr abstrakte Brücken zur allwirkenden Natur in der Tonkunst finden, als wir gedacht haben. Die Natur {3} scheint dem begnadeten Ton-Seher auch dort die Feder zu führen, ich möchte beinahe sagen “gerade dort”, wo wir am meisten die “Kunst” bewundern! In Begriffe der Geometrie übersetzt, zeigt sich beispielsweise ein Gespinst von Gesetzmäßigkeiten, dass man nicht weiss, in welcher Erscheinungsform man Gottes Wunder am meisten bestaunen soll. Die sieben Diatonien einer Tonalität ergeben die Summe von 360º, ihre Quinten bereiche wandern um 180º, Dur und Moll (die 2te und 5te Diatonie)11 stehen senkrecht aufeinander, um 90º verschieden, daher ihre spiegelbildliche Ähnlichkeit, die “falschen Quinten”12 (jeweils Halbmesser der Tonalität) drehen und wenden sich mit jeder Tonikalisierung und Modulation, oder bloss mit dem Übergang in gleichnamige Diatonien, z.B. phrÿgisch, (No 6.) und leisten dem Ohr den stärksten Vorschub beim orientieren in einen neuen Quintengang etc. etc. etc. Stufengang und Urlinie wandern getrennte Pfade, gleichwohl durch Gesetze, wie man sie bei Polÿgonen findet, in Wechselbeziehung gebunden. Dass man ganz nebenbei Schönbergs 12 Tonzirkel schlagend ad absurdum führen kann, ist nur angemessen! Dass die Kirchentonarten (und nicht nur durch Mischung)13 noch leben ist ebenso beweisbar, wie die Tatsache, dass Dur und Moll eine wohlbedingte Vorzugsstellung einnehmen, – vielme[h]r einnehmen müssen. Und so geht es weiter durch hunderterlei Dinge, dass man mit Beobachten, Beschreiben und Rubrizieren nicht nachkommt. Ein paar Proben werde ich Ihnen nächstens doch mal schicken, obwohl ich noch nicht weiss, wo ich mit diesen Dingen am Ende rauskomme. Dabei halte ich wohlweislich fest: Köng ist das Ohr, und der Verstand Minister! Anders man sich verflixt leicht verbiestern kann, siehe Werker,14 Lorenz15 u.a. –

Nun das Menschliche, und das Allzumenschliche:16 Ich lege Ihnen einen Bildchen von Frau und Sohn ein17 – – ich nenne ihn “op. 1.”, und ich glaube, er ist das Beste, was ich überhaupt bis dato zustande gebracht habe. (Ich vergass im vorigen anzumerken: eine neue Sonate ist auch unter der Feder!) Der Kleine ist meines Lebens Freude, und Trost in allen Wiederwärtigkeiten. Unser Leben ist dürftig. Kaum genug zur Nahrung. Auch durch den neuen Kursus (pro Mann und Monat eine Mark fünfzig!) wird es kaum besser. Allmählich wird man aber gleichgültig und hart gegen derlei. Leider auch die Visage entsprechend grau und kantig. Das Allzumenschliche ist auch an mich herangekommen. Es gehen Gerüchte um in Hamburg! Ich weiss nicht, wer sie in Umlauf setzt; trappiere ich aber mal jemand, werde ich ihm eigenhändig das Rückgrat verbiegen! Man erzählt, ich hätte Herrn Violin18 finanziell {4} geschädigt, übervorteilt, was weiss ich – es geht so weit, dass erzählt wird, Herr Violin sei bei mir mit einer Summe Geldes “hängen geblieben”. Ich bin fest überzeugt, dass Herr Violin in solchem Falle sich an mich, oder gleich an die zuständige Schiedsstelle gewandt hätte, und würde es bedauern, wenn er stattdessen einigen “weiblichen Wesen” durch unvorsichtige Bemerkungen Gelegenheit gegeben hat, ein Gequatsche von gefährlich ehrabschneiderischen Ausmaßen anzuzetteln. Auch dazu würde ich mit Bismarck sagen: “Nescio quid mihi magis farcimentum esset!”19 Die Sache geht aber endlich so weit, dass diese weiblichen Wesen aus lauter “persönlicher Abneigung” gegen mich, (Gründe obengenannt) sich einen anderen Lehrer aus Berlin kommen lassen, dessen Auffasung von “Zusammenarbeit” wir hier schon einmal zu Lebzeiten des Schenker-Institutes20 in aufschlussreichen Weise kennen zu lernen, Gelegenheit hatten! Meine Gelassenheit im Ansehen dieser Dinge kann ich nur deshalb wahren, da nach meinen Informationen für den genannten Herrn in Hamburg nicht viel Aussicht besteht, seine Kreise beträchtlich zu erweitern. Ihnen aber erzähle ich von den Dingen, weil ich Grund habe anzunehmen, dass Ihre Beurteilung meiner Person sowohl, wie meiner Haltung zu Ihnen Einflüssen ausgesetzt war oder ist, die ich, nachdem ich für Sie iher in vorderster Linie stehe, und die Genickschläge einstecke (während andere den Nutzen davon ziehen), zu dulden auf keinen Fall bewillt bin. Ihnen sage ich daher im Vertrauen: Ich bin der Ansicht, dass Herr Violin, bei allen achtens- und liebenswerten Eigenschaften die unglückliche Anlage hat, sich von allen getreten zu fühlen, und sich demgemäß, aus diesem Komplex heraus, mit allen früher oder später anlegt, aber dabei der Ansicht ist, er wäre ungerecht behandelt worden. Es ist mir begreiflich, dass ein hoher Grad von Subjektivität auch seine Schattenseiten haben kann. Wie ich im Mai 31. in Hamburg war, stellte mir Herr Violin ein Kalkül auf, welches von den nachher vorgefundenen Zuständen dermaßen abweichend war, dass man hier die “Zeit” nicht mehr als Entschuldigung gelten lassen kann, sondern schon hart ins Gefild der Phantasie und Illusion versetzt ist. Darauf kann man aber keine Kompagnons verpflichten! Im kaufmännischen Leben wäre diese Sorte Optimismus nicht gut denkbar. Wenn man’s von der Seite betrachtet, so bin ich noch ganz anders “hängen geblieben” und hänge noch, in einer Stadt, in der ich nicht einen Menschen habe. Wenn man Gehälten ausrechnet, die nachher anfang[s] überhaupt nicht, später noch nicht mal zur Hälfte realisierbar sind, so {5} muss man sich nicht wundern, wenn die Geister, die man rief, Geld aus der eignen Tasche kosten, das nachträglich nicht mehr zurückzuwirtschaften geht.21

Man kann darüber unmutig sein, man darf aber nicht derartige Drachensaaten aufgehen lassen, wie das hier der Fall war! Ich will keine Gegenrechnungen aufstellen. Alten Schlamm soll man nicht aufrühren. Ich hatte es nur so in der Nase, dass die Quatscherei ihre Wellen bis zu Ihnen geschlagen hatte. Da lag es mir daran, mich, trotz der Gefahr des “qui s’excuse, s’accuse”[,] mit Ihnen|22 zu verklaren!! —

So, jetzt wäre es halb zwei Uhr nachts. Zeit zum schlafen. Meine Frau und ich danken noch herzlichst für Ihre und Ihrer Gattin Glückwunsche!23

Mit besten Grüssen bin ich
stets Ihr
[ sign’d: ] Cube.

P. S. Ist die zweite Url. Folge schon heraus? wann kommt der fr. Stz?

P. S. II. Einliegenden Zettel wollen Sie bitte Herrn Violin übermitteln, mit dem Bemerken, dass diesbezügliche Schritte zwecklos waren.

© Heirs of the Felix-Eberhard von Cube, published with kind permission.
© Transcription William Drabkin 2006.

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